Das
Genießen
Kunstwerke.
der
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Auch die Malerin Angelika Kaufmann rühmte er als.
Lehrerin und er begleitete sie gern in die römischen
Galerien. „Mit Angelika ist es gar angenehm, Gemälde zu
betrachten, da ihr Auge sehr gebildet und ihremechanische
Kunstkenntnis so grofs ist. Dabei ist sie sehr für alles.
Schöne, Wahre, Zarte empfindlich und unglaublich be-
scheidenf") Dagegen spottet er über jene andern
Kenner, die nur immer stritten, ob Rafael oder Michel
Angelo gröfser sei.
Welche Genüsse hat denn nun der Kenner für sich
allein? Einige Beispiele giebt uns Goethe. Der Kenner
beobachtet das Wachsen und Lernen eines Künstlers.
an seinen Werken und freut sich jeden Fortschritts.
S0 hat Goethe beobachtet, wie bei den päpstlichen
Teppichen Rafael dasselbe Thema zweimal behandelt
und bei einer zweiten Behandlung Veränderungen und
Steigerungen zu bewirken gewufst hat. Unser Dichter
fügt hinzu: "Bekennen wir, dafs ein solches Studium
uns zu den schönsten Freuden eines langen Lebens
gedient hatfm) Ebenso sieht der Kenner, wie die
einzelnen grofsen Künstler ihre Vorläufer übertroffen
haben, und auch da bewundert er Leistungen, die der
Laie gar nicht bemerken kann. Er geniefst in manchen
Fällen auch die Absicht des Künstlers, wo sie gar nicht
vollständig verwirklicht wurde. Skizzen und Hand-
zeichnungen sind deshalb bei Kennern besonders be-
liebt. Goethe zeigte Eckermanni!) den Entwurf eines
1) Ital. Reise, 27.
,Päpst1iche Teppiche".
Juli
3)
1787.
5- Juli
2)
1827.
Reise,
Nachtrag