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Goethes
Ästhetik.
höchsten Alter zu Eckermannf) „s0 würde ich ab-
sichtlich gegen alle solche technischen Grillen verstofsen;
ich würde Allitterationen, Assonanzen und falsche Reime,
alles gebrauchen, wie es mir käme und bequem wäre,
aber ich würde auf die Hauptsache ausgehen und so
gute Dinge zu sagen suchen, dafs jeder gereizt werden
sollte, es zu lesen und auswendig zu lernen."
"Ein reiner Reim wird wohl begehrt;
Doch den Gedanken rein zu haben,
Die edelste von allen Gaben,
Das ist mir alle Reime wertf")
So spricht derselbe Dichter, der im Zwiegespräch
zwischen Faust und Helenail) die schönste poetische
Verherrlichung des Reims gedichtet hat.
Auch die wunderbare Bedeutung des Metrums kannte
Goethe aufs beste, er wandte sich aber auch hier gegen
die "Cyklopen" wie Vofs, nach deren Hämmern sich
nun alle andern richten sollten.
"Noch bin ich gleich von euch entfernt,
Hass" euch Cyklopen und Silbenfresser.
Ich habe nichts von euch gelernt;
Ihr Wufstcfs immer besscrf")
„In zehn Jahren," so schreibt er 1807 an seinen
Freund Knebelf) "wird der Dünkel, womit die Rhyth-
miker von der strengen Observanz sich jetzt vernehmen
lassen, höchst lächerlich sein," aber freilich gesteht er
zu, dafs sie einen allgemeinen bessernden Einüufs auf
die poetische Form haben. "Es ist übrigens gut, dafs
1) 9. Februar 1831.
11, 3. Innerer Burghof.
1807, Weim. Ansg. IV, I9,
2) Zahme Xcnicn.
4) Zahme Xenien.
283.
3) Faust,
I4. März