Goethes
Ästhetik.
italienischen.
Bei
11115
ist
alles
verkritzelter
und
selten
selbst in der Form etwas Vollendetes. Kopf und Hals
scheinen bei jenen Menschen gleichsam unmerklich in
einander gefügt, bei uns sind sie gröfstenteils ein-
geschoben und aufgestülpt. Die sanft geblähte Brust
schwellt allmählich in ihren Umrissen; nicht solche
kugel- und muskelhzifte Massen von Fleisch, die das
Auge mehr beleidigen als einladen.
S0 ungefähr schilderte Goethe wenige lahre nach
seiner Rückkehr das Land, von dem er im Scherze
sagte, er müsse dort in einer früheren Existenz einmal
gelebt haben, so heimisch fühle er sich da. Und dann
fuhr er wieder fort, von der menschlichen Schönheit zu
sprechen. l)
„Ich habe in Italien unter der gemeinsten Menschen-
klasse Körper gesehen gleich den schönsten Antiken
und andere, die, entkleidet, dem Künstler durch die
Regelmäßigkeit ihres Baues den vollkommensten Torso
vertraten Die Römerinnen sind die reizenclsten
Gestalten, die ich je erblickte: ein schlanker Wuchs,
regelmäßige, majestätische Gesichtszüge, grofse ge-
wölbte Augenbrauen, die wie abgezirkelt einen Halb-
bogen bilden Ich bedauere einen grofsen Künstler,
wie Herrn Lips in Deutschland, wo ihm das Studium
der Formen in seiner Kunst keinen Vorschub thut; er mufs
unaufhörlich aus seiner Phantasie hervorarbeiten.
Goethe hatte sich in Italien nicht blofs als Künstler,
sondern auch als Naturforscher und Naturphilosoph um-
geschaut, und so verbanden sich bei ihm ästhetische
und naturphilosophische Gedanken oft. Er ahnte schon
Falk
Zu joh.
im
Sommer
17941
Biedermann
149-