Stoff.
Der
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so merkwürdig einwirkten, als an Goethe, ihrem Be-
trachter. "Zuletzt kommt es auf das Gemüt an, ob
ihm ein Gegenstand etwas bedeuten soll, und so deucht
mir das Leere und Gehaltreiche mehr i1n Subjekt als
im Objekt zu liegen . Es ist ein Bedürfnis poetischer
Naturen, wenn man nicht überhaupt: menschlicher Ge-
müter sagen will, so wenig Leeres als möglich um sich
zu leiden, so viel Welt, als nur immer angeht, sich
durch die Empfindung anzueignen, die Tiefe aller Er-
scheinungen zu suchen und überall ein Ganzes der
Menschheit zu fordern. Ist der Gegenstand als Indivi-
duum leer und mithin in poetischer Hinsicht gehaltlos,
so wird sich das Ideenvermögen daran versuchen und
ihn von seiner symbolischen Seite fassen und so eine
Sprache für die Menschheit daraus machen."
So Schiller, der mehr gewöhnt war, in sich hinein
zu sehen, als dei objektivere Freund. Goethe gab wohl
zu, dafs der Hang zum Symbolisieren in uns liegt, und
im Gedanken an die bekannte geistliche Auslegung des
,Hohen Liedes" schrieb er: „Der geistreiche Mensch,
nicht zufrieden mit dem, was man ihm darstellt, be-
trachtet alles, was sich den Sinnen darbietet, als eine
Vermummung, wohinter ein höheres geistiges Leben
sich schalkhalt-eigensinnig versteckt, um uns anzuziehen
und in edlere Regionen aufzulocken." Aber er blieb
dabei, die Objekte in bedeutende und leere einzu-
teilen. Die Kuh, die ihr Kälbchen säugt, bedeutet die
Liebe zu den Nachkommen, also eine Eigenschaft, von
der die Fortdauer der ganzen belebten Welt abhängt.
Sie bedeutet ferner eine Güte gegen das Schwache, die
wir aus der Ichsucht nicht völlig erklären können, und so-
mit glauben wir hier eine Offenbarung des Göttlichen wahr-