Die
IICUH
Muscn.
III
allerwidrigsten Reisezustände die poetische Arbeit nicht
hindern müssen. Er fuhr vom 30. um bis 2. April 1787
von Neapel nach Palermo; das herrliche Seebild konnte
er am ersten Tage nicht lange geniefsen, denn die
Seekrankheit überfiel ihn bald. Er ging in seine Kajüte,
blieb in horizontaler Lage, enthielt sich, abgesehen von
weifsem Brot und rotem Wein, aller Speisen und Ge-
tränke und fühlte sich bald ganz behaglich. Ab-
geschlossen von der äufseren Welt, lieFs er die innere
walten, und da eine langsame Fahrt vorauszusehen war,
nahm er die zwei ersten Akte des ,Tasso' vor, um sie
aus einer früheren Form in eine kunstvollere, poetischere,
umzuschmelzen. Am nächsten Tage waren fast Alle
auf dem Schiffe krank; er blieb in seiner wagerechten
Lage, und das ganze Stück ward um und um, durch
und durch gedacht. Die Stunden gingen vorüber, und
wenn nicht sein Begleiter zuweilen Brot und Wein ge-
bracht hätte, so hätte Goethe über dem Dichten gar
nicht die Tageszeit bemerkt. Am ersten April wütete
morgens um drei Uhr ein heftiger Sturm. Goethe
setzte im Schlaf und Halbschlaf seine dramatischen
Pläne fort, indessen auf dem Verdeck grofse Bewegung
war. Den ganzen Tag liefs er seinen dichterischen
Vorsatz nicht aus dem Sinn und wurde des Stückes so
ziemlich Herr. Am vierten Tage endlich notiert er
mit Vergnügen: „Der Plan meines Dramas war diese
Tage im Waliischbauch ziemlich gediehen."
Goethe empfand übrigens jerle Bewegung, selbst
das Auf- und Abgehen im Zimmer, als förderlich für die
geistige Arbeit; deshalb schrieb er nicht selber, sondern
machte sich lieber von einem Schreiber abhängig, der