Volltext: Goethes Ästhetik

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Ästhetik. 
Goethes 
sonstigen Journale las; trotz allen Anteils, den er sonst 
an politischen und wissenschaftlichen Neuigkeiten nahm, 
schlofs er sich wochen- oder monatelang gleichsam 
in seiner Festung ein, alle Zugbriicken aufziehend. An 
seiner ,klassischen Walptirgisnacht" arbeitete er, als 
in Paris die ]uli-Revolution sich ankiindete. Da gab er 
die französischen Zeitungen auf, die er sonst gern las. 
„Ich sehe," sagte er am 6. März 183ml) „es bereiten 
sich in Paris grofse Dinge vor; wir sind am Vorabend 
einer grofsen Explosion. Da. ich aber darauf keinen 
Einüufs habe, so Will ich es ruhig abwarten, ohne mich 
von dem spannenden Gange des Dramas unnützer-weise 
täglich aufregen zu lassen. Ich lese jetzt so wenig den 
,Globe' als den ,Temps', und meine [Walpurgisnachtt 
rückt dabei gar nicht schlecht vorwärts." Er meinte 
auch, dafs Shakespeare kein so grofser Dichter geworden 
wäre, wenn er durch die heutige Flut von kritisierenden 
und zersplitternden ]0urnalen hätte schwimmen müssen?) 
„]enes ungestörte, unschuldige, nachtwandlerische 
Schaffen, wodurch allein etwas Grofses gedeihen kann, 
ist gar nicht mehr möglich. Unsere jetzigen Talente 
liegen alle auf dem Präsentiertellei" der Öffentlichkeit. 
Die täglich an fünfzig verschiedenen Orten erscheinenden 
kritischen Blätter und der dadurch im Publikum be- 
wirkte Klatsch lassen nichts Gesundes aufkommen. 
Wer sich heutzutage nicht ganz davon zurückhält und 
sich nicht mit Gewalt isoliert, ist verloren. Es kommt 
zwar durch das schlechte, gröfstenteils negative ästheti- 
sierende und kritisierende Zeitungswesen eine Art Halb- 
kultur in die Massen, allein dem hervorbringenden 
Zu 
Eckermann. 
Eckcrmamn, 
Januar 
1824-
	        
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