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Einfluss
der
Antike
auf Bufilefs
K unsl.
irgend eiuen wesentlichen Einfluss auf seine Kunstrichtung
gehabt hätten. Dennoch darf angenommen werden, dass er
sie mit freudiger Anerkennung betrachtete und dass sie auf
die Läuterung seines Geschmacks oder auf die Schönheit
seiner Zeichnung eingewirkt haben, wie hieven sein Bild-
chen der drei Grazien, Welches er der antiken lllarmorgruppe
im Chorbiichersaal des Doms zu Siena entlehnt, ein unzwei-
felhaftes Zeugniss gibt. Tiefer eingehende Einflüsse und
weitere Beispiele, dass er antike Gegenstände behandelt habe,
finden sich dagegen bei ihm in jener Zeit nicht vor. im
(iiegentheil trugen eben sowohl seine Studien bei Perugino
und nach Masaccio und Leonardo da Vinci, als sein ver-
trauter Umgang niit Fra Bartolomeo nur dazu bei, ihn in
der Richtung christlicher Hunstanschauungen und Traditionen
zu halten und auszubilden.
Auch noch in Rom, als er mit den Entwürfen zur Dis-
puta und selbst zum Pan-nass beschäftigt war, tritt ein gründ-
liches Studium nach der Antike nicht bestimmt hervor. Den-
noch konnte es nicht fehlen, dass die antike Kunst, welche
ihn jetzt in so imposanter Weise umgab, und der vertraute
Umgang mit gelehrten Freunden, die ganz im classischen
Alterthum heimisch waren, auch ihren Einfluss auf HafaelÄs
iiunst ausüben mussten. Die Darstellung der griechischen
Philosophie in der Schule von Athen gab hiezu noch beson-
dern Anlass, da bei seinem Streben, möglichst historisch treu
in seinen historischen Bildern zu sein, das Studium des an-
tiken Costiims und der Bildnisse und Systeme der griechi-
sehen Philosophen ihn ganz einfach zum genauern Eingehen
in die antike Welt und Anschauungsweise führen mussten.
Wie sehr Rafael dieses g'ethan, ersehen wir nicht nur aus
dem bewunderungswürdigen Gemälde der Schule von Athen
selbst, sondern auch aus seinen Conlpositionen zu vielen
mythologischen Gegenständen, wie das Urtheil des Paris,
das Quos ego, die Lucretiai u. a., welche er alle um diese
Zeit, ums Jahr 1510, entworfen hat und die uns durch die
meisterlichen] HlIPliBPSIlClIC danach von Marc Anton erhal-
ten sind.
Sodann waren es auch noch dic rXuftriigc, welche lin-