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Die
Schule
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Athen.
10 Jahre alten YVunderknaben Federico II. von hIantua,
wie Vasari dieses berichtet. Wir glauben ihn in dem Iina-
ben zu erkennen, der etwas mehr links hinter dem Araber
hervorbliekt 1).
Links, dem düstern Heraklit gegenüber, steht, an eine
Säulenbasis angelehnt, Demokrit aus Abdera, der vielgereiste,
von seinen Landsleuten verkannte, heitere Natur-forscher,
der in den Vergehen der Menschen statt Bosheit nur Thor-
heiten sah. Da er sich auf fünf verschiedene Fächer, Logik,
Physik, Ethik, Mathematik und die Musenkünste insgesammt
verlegte, wurde er auch der fünffaeh Bemühte genannt. In
unserm Gemälde ist er in einem Buche bläitternd dargestellt.
Sein Haupt ist mit Laub bekränzt, wol um anzudeuten,
dass er durch seine Forschungen sich den frohen Genuss
des Lebens nicht verkümmern Iiess, wie denn auch "Wohl-
sein durch Gleichmuth" sein praktisches Princip gewesen.
Der hinter ihm stehende, ihn umfassende Jüngling, sicher
einer seiner vielen Anhänger, dürfte Nausiphanes aus Teios,
der nachmalige Lehrer des Epikur, sein. In dem Greis,
welcher ein Kind zu Demokrit trägt, erblicken wir einen
jener treuen Sklaven, dem die Aufsicht der Binder anver-
traut war, oder Pädagngos, welcher nach Sitte der Alime-
nienser einen Iinaben in die Schule der Philosophen bringt,
um über dessen Anlagen von ihnen Aufschluss zu erhalten.
Richten wir nun unsern Blick nach den auf der obern
Stufe befindlichen Gruppen, so begegnen wir zuerst einigen
Repräsentanten der Sophisten, gegen welche Sokrates sieg-
reich mit seiner ethischen Dialektik in Kampf trat. Im von.
dern halb entblössten, mit Schriften herheieilenden Manne
ist Diagoras von Melos, der F reigelassene und Schüler des
Demokrit, dargestellt. Wegen seines berüchtigten Atheis-
mus musste er Athen verlassen. Die beiden andern bei ihm
stehenden Sophisten sind wol Gorgias aus Leontium, des
l) Vasari bezeichnet den sich herabbückexlden Jüngling bei der
Gruppe der Mathematiker rechts als das Bildniss des Federico
Gonzaga, was aber nothwendigerweise ein Irrthum ist, da der
junge Fürst (im Jahre 1500 am 17. Mai geboren) zur Zeit, als Ba-
fael die Schule von Athen malte, noch ein Knabe war.