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bis
1508.
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ich für eins der besten Werke Rafaels halte.'t-- S0 Hessen
sich noch viele Stellen von ausgezeichneten Kunstkennern
anziehen, wir wollen indessen hier nur noch in Kürze an-
geben, worin sich dieses Bild Rafaelis vor seinen frühern
WVerken besonders auszeichnet: Es ist dieses das strengere,
tiefere Studium, welches durch alle Theile dllnlllgßfüllfii ist,
und eine Kraft des Ausdrucks und eine Schönheit in den
Formen, worin er sich hier zum erstenmal allen seinen
Zeitgenossen und Nachfolgern als überlegen zeigte. Die
Umrisse sind zwar noch etwas scharf, da er die Wirkung
der Reflexe und der verschwindenden Flächen noch nicht
gehörig beobachtet hatte; in der Färbung der Gewänder
ist zuweilen zu durchaus stark das Lasiren angewendet,
und die goldnen Ornamente an den Kleidern erinnern noch
an die vorangehende, kindliche Kunstepoche; allein wie
schwinden alle diese Unvollkommenheiten gegen die Kraft
und Wahrheit der Stellungen und des Ausdrucks, und das
Ergreifende der dramatischen Darstellung. Zwar fehlt es
nicht an Kunstkritikern, welche das Verdienst Rafaefs an
diesem Bilde zu schmälern suchen: Heinecke II p. 402 und
W. Young Ottley in seiner School of design p. 48 glauben
die Composition einem Stich von Mantegna entnommen.
Habe ich nun auch selbst I S. 117 zugegeben, dass dessen
Composition auf die von Rafael eingewirkt, so habe ich da-
gegen auch nachgewiesen, wie veredelt nicht allein einzelne
Figuren sind, sondern wie Rafael durchaus die Composition
bereichert und in schönere Linien gebracht hat. Betrach-
ten wir in dieser Beziehung nur die herrliche Gruppe der
dahinsinkendeil Maria mit den Frauen, welche bei Man-
tegna fehlt, indem dieser die Mutter Christi in aifectvol-
lem Schmerz selbst an dem Tragen des Leichnams ihres Soh-
nesTheil nehmen lässt. Andere wollßll in der Figur des
Christus eine Nachahmung nach der des Michel Angela in
der Gruppe der Pieta in S. Peter zu Rom erblicken. Ist
nun auch nicht zu leugnen, dass in der Bildung eine ge-
wisse Übereinstimmung bemerkbar ist, so muss diese in-
dessen vielmehr in dem beiderseits benutzten, viel ältern
'l'ypus der Gestalt des Heilandes gesucht werden. Zudem