Volltext: Rafael Von Urbino Und Sein Vater Giovanni Santi (Zweiter Theil)

Entwürfe. 
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zogs Karl in Wien (Siehe Verz. N. 946). Graf von Cay- 
lus hat sie radirt. Um Irrungen vorzubeugen, ist hier an_ 
zugeben, dass diejenige Kirchenfagade, welche Comolli in 
der Raccolta Corsiana vol. III gesehen, dieselbe ist, und er 
wahrscheinlich aus Versehen den Namelrdes Stechers nur 
Le Comte nennt. 
Da schon im ersten Theil S. 980 die DiSPOSiÜOlI diß- 
ses Plans näher besprochen worden, so ist hier nur dar- 
auf zu verweisen; ich erlaube mir aber noch folgende Be- 
merkungen: Die Zusammenstellung der einzelnen Theile zeigt 
einestheils unverkennbar das Studium der antik-römischen, 
anderntheils den Einfluss der toscanischen Architektur. Die 
Disposition mit zwei Thiirmen zu den Seiten ist dagegen 
der Bauart des Mittelalter entlehnt, wie sie besonders in 
Deutschland und Frankreich vorkommt, selten in Italien, da 
hier die Kirchen jener Zeit meist nur einen, oft nebenan- 
stehenden Glockenthurm haben. Allein schon Bramante in 
seinem Plan für die Peterskirche benutzte die imponirende 
Hauptform mit zwei nebenstehenden 'l'hi'1rmen, und Rafael 
folgte ihm hier nach. Auch die Endigung der 'I'hiirme in 
eine Pyramide, von vier kleinern umgeben, ähnelt der ger- 
manischen Bauart des 13. Jahrhunderts, erinnert aber auch 
eiuigermassen an hetmrische Monumente, namentlich an 
das sogenannte Grabmal der Horatier und Curiatier bei Al- 
bano. So sehen wir, wie die ursprünglichen einfachen oder 
später organisch gebildeten Formen ihren Einfluss auf die 
der jüngern Zeiten ausgeübt und eine hliscllung des Fremd- 
artigcn erzeugten, was nur dann erträglich erscheint, wenn 
eine grossartige Hauptdispositioxl verwaltet und die einzelnen 
Glieder in sich den Reiz der Vollendung tragen. Erstere 
erreichte Rafael in diesem Plan durch die drei grossen 
Hallen unter einem weiten Giebel und die beiden imposan- 
ten Massen der Thiirme, die sie einschliessen. Die Wir- 
kung des Emporstrebenden erreichte er durch die SCCIIS 
mit gekoppelten Säulen und Pilastern verzierten Strebepfei- 
ler und verlieh ihnen dadurch auch das Ansehen der Leich- 
tigkeit. Dass Rafael Meister war in der Durchbildung und 
Schönheit des Einzelnen, bezeugen alle von ihm ausgeführte 
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