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(ienzälde
1518
1520.
wird noch durch den Umstand unterstützt, dass der Cardi-
nal an letztern den noch an Rafael für das Altarblatt schul-
dig gebliebenen Rest auszahlen liess. Diese Sache verhält
sich iolgendermassen: Der Cardinal Giulio de' Medici hatte
auf Ansuchen Leo's X gleich nach der 'l'hronbesteigung Kö-
nig Franz -I im Jahr 1515 von diesem das Bisthum Nar-
bonnc erhalten. Um nun die Kirche seines Bisthums zu
schmücken, gab er unserm Meister den Auftrag, die Trans-
liguration für den Hauptaltar daselbst zu malen. Bei Ra-
faeYs Tod befand sich dieselbe noch in dessen Haus und
wurde selbst, wie ich schon angegeben, hinter dem Haupte
seiner irdischen Hülle aufgestellt. Giulio Romano, welcher
mit Francesco Penni zum Erben aller hinterlassenexl Kunst-
werke eingesetzt war, hatte auch die unvollendeten Ge-
mälde noch zu endigeu, womit Beide gemeinschaftlich meh-
rere Jahre hindurch beschäftigt waren und den Ertrag un-
ter sich theilten. Bei dem Gemälde der 'l'ransfiguration
aber tritt der Fall ein, dass Giulio vermittelst einer "Ver-
wendung des Grafen Baldassare Castiglione für sich allein
den noch zuguthabenden Rest vom Cardinal de, Medici in
Anspruch nahm. und von diesem auch den Betrag von
224 Ducateil erhielt. Der Schüler hatte also ein besonde-
res Recht auf die Zahlung für das Bild; er hatte es voll-
endet; Dass übrigens die Ansicht, dass Giulio Romano an
dem Gemälde gearbeitet habe, schon, sehr alt ist, beweist
eine Stelle im Sandrart, wo er sagt: „er habe aus dem
Mund des kunstreichen, alten Michel Angelo Cacoselli er-
fahren, dass, als Giulio Romano den Kopf des Besessenen
glatt gemalt hatte, Rafael ihm den Pinsel aus der Hand
genommen und durch einige kräftige Ziige in den Augen
und dem Mund demselben erst das wahre Leben gegeben
habe." Bin ich nun auch nicht der Ansicht, dass dieser
mit der grössten Feinheit in der Zeichnung und Modelli-
rung ausgeführte Kopf des Besessenen von des Giulio Hand
sei, sondern glaube ich ihn vielmehr ganz vom Meister ge-
maltf, so ersieht man doch soviel aus obiger Stelle, dass
schon damals die Meinung herrschte, der Schüler habe im
Gemälde gearbeitet.