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Die
Tapeten.
Später, im Jahr 1814, hängte man sie in den obern,
nach Pius V benannten Zimmern des Vatican auf, wie die-
ses folgende Inschrift in der Tapete des wundervollen Fisch-
zugs berichtet: „Magni Raphaelis Sanctii Urbinatis pietnras,
'l'extis aulaeis expressas iubente Leone X P. M. ad Vati-
cani ornaxnentum Pius VII P. M. sumptu non exiguo re-
demptas et instauratas in splenditliorem locum artium com-
moditati collocandas mandavit A. DIDCCCXIVÄ" In Folge
solcher Schicksale haben die Teppiche viel von ihrem ur-
sprünglichen Glanze verloren und mit Ausnahme der hal-
ben 'l"apete mit der Erblindung des Elymas, welche wahr-
scheinlich schon bei -der ersten Wanderung das Misge-
schick erlitt, zur Hälfte zerstört zu werden, sind alle die
übrigen sehr vcrlalasst und ausgebessert; nimmt man noch
hinzu, dass selbst in ihrem vollkommnen Zustande die
Zeichnung Ilafaefs in der gewirkten Arbeit nicht derjeni-
gen der Cartons gleich kommen konnte, so wird es begreif-
lich, wie viel der Einbildnngskraft übrig bleibt, um bei An-
sieht der 'l'apeten, wie sie jetzt sind, sich die Gediegenheit
der Originalcartons oder auch nur die Pracht der Stoffe,
als sie neu waren, lebendig zu vergegenwärtigen. Demohn-
geachtet war es nicht möglich das Grossartige und Ergrei-
fende, was RafaePs Genius in sie gelegt, zu zerstören,
und noclrjetzt, nach mehr als drei Jahrhunderten sprechen
diese Schatten ehemaliger Herrlichkeit als hohe Meister-
werke einen jeden an, er sei nun Laie, den nur die erha-
bene Wahrheit der Darstellung ergreift, oder Künstler, der
ausserdem noch die hohe Kunst bewundert, durch welche
der göttliche Meister sich originell und seiner würdig ne-
ben Michel Angel0's höchste Leistungen stellen durfte.
Das, was über die noch erhaltenen sieben Cartons in
England insbesondere zu sagen ist, soll fiir sich zusammen-
gefasst der Beschreibung der zehn 'I'apeten folgen, und
den Schluss gegenwärtiger Abhandlung mache dann die Be-
schreibung der, obgleich später entstandenen, Reihefolge
der zwölf 'l'apeten aus dem Leben Christi, nebst der mit
den allegorischen Figuren und den Emblemen des Hauses
de" Medici.