Parnass.
Der
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erkennt. Der vierte soll nach Bellori Rafaefs Bildniss sein,
was eben so unwahrscheinlich, als eungegründet ist. In der
Gruppe des Vordcrgrundes links von vier Dichtern und Dich-
terinnen befindet sich nur ein Portrait: das des Petral-CEL
Gegenüber auf der Seite rechts sind acht Dichter darge-
stellt, in denen man in den vordern Pindar und IIoraz er-
kennt. Dass unter den andern sich vier Portraite Italieni-
scher Dichter betinden, ist augenscheinlich, aber ihre Be-
nennung zweifelhaft. Vasari erwähnt unter andern noch
folgende Poeten: Ovid , Ennius , Tibull, Catull , Pro-
perz, Boccaccio, zuletzt noch nennt er den Antonio
Tebaldeo, und ich bin geneigt denjenigen Dichter dafür zu
halten, welcher über Iloraz hervorsieht, gewöhnlich aber
Giacopo Sanazzaro genannt wird, obgleich er mit dessen
wohlbekannter Portraitbiiste auf dessen Grabmal in Neapel
nicht die geringste Ähnlichkeit hat. Dass wir im Apoll,
der seinen Gesang mit der Bratsche begleitet, wahrschein-
lich den damals berühmten Improrisator Giacomo Sause-
condo erblicken, ist schon l S. 146 angegeben worden; ich
habe hier nur noch hinzuzufügen, dass auch Ausdruck und
Stellung portraitähnlich und keinesweges angemessen er-
scheinen: Apollo richtet hier den Blick sehnsuchtsvoll zum
Himmel, statt dass der Gott in sich selbst Befriedigung
finden sollte. So ist auch seine Bewegung etwas aifectirt
und in den Linien keinesweges schön. Da wir nun von
Rafael einen frühem Entwurf zum Parnass besitzen, in
welchem die meisten dieser Übelstände in der Figur des
Apollo vermieden sind, so erhält obige Angabe um so mehr
Gewicht.
In der technischen Behandlung schlieSSt Sich diese Ma-
lerei an meisten an die der Theologie an, obgleich sie
nicht ganz mit der Sorgfalt wie jenß durchgeführt iSt- Im
Faltenwurf und der Beleuchtung herrscht indessen eine brei-
tere Behandlungsweise. Dem Gegenstande ist es wohl zu-
zuschreiben, wenn in dieser Composition nißllt (lßrSßlbß
Reichthum der Erfindung, dieselbe Tiefe in den Charakteren
wie in ersterer gefunden wird; dagegen erblicken Wir hier
ein Bild des heitern, poetischen Lebens in Etalien jener
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