Rafacfs
Grab.
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war es schon seit mehreren Jahren zur Sprache gekommen,
dass man endlich einmal trachten müsse zur Gewissheit zu kom-
men über die bestrittene Grabstätte RafaeYs, von der Einige
(besonders Avv. Carlo Fea) im Widerspruch mit den deutlich-
sten Zeugnissen hatten behaupten wollen, dass sie sich in der
(Kirche S. Maria sopra) Minerva befinden müsse, indem dort
die Urbinaten eine gemeinschaftliche Begräbnisscapelle schon
von jener Zeit her besässen. Ich übergebe das Gefühl des
Misbehagens, das mich, so wie manche Andere ergriff, wie
zuerst die Nachricht laut ward, der diesjährige Reggente der
Congregation, der Dir bekannte Bildhauer Fabris habe sich
wirklich die Erlaubniss zu verschaffen gewusst, Nachgrabungen
deswegen in der Rotonda anstellen zu dürfen, da dies Ge-
fühl bereits durch allzu mächtige Gefühle anderer Art verdrängt
worden.
Die Canonici der Botonda hatten die Hand dazu gebo-
ten, vom Vicariat sowohl, als vom Cardinal-Titulator der
Kirche waren die Rescripte eingeholt worden, und so schritt
man zum Werk. Da aber, wie Du Dich erinnern wirst, die
Akademie von S. Luca einen Schädel besitzt, der, ich weiss
nicht genau seit wann, für den Schädel Rafaefs gegolten, so
glaubte der diesjährige Präsident, Architekt Salvi darauf drin-
gen zu müssen, mit einer akademischen Deputation diesen Nach-
suchungen beiwohnen zu dürfen, was er auch durchsetzte, und
wobei ich denn das Glück gehabt, als eines der Mitglieder
erwählt zu werden. Es wurden aber zugleich auch von der
Academia Archeologica und der Commissione delle belle arti
Deputationen beigeordnet, und sogar Professoren der Chirur-
gie und der Chemie dazu berufen imd die ganze Untersuchung
in Gegenwart öffentlicher Notare und selbst des Cardinal-Vi-
ears, des Governatöre und des Maggiordomo vorgenommen,
was ich alles ausdrücklich erwähne, damit gar kein Zweifel
über die äusserste Gewissenhaftigkeit des ganzen Verfahrens bei
Dir aufsteigen könne.
Zu weit würde es führen, Dir die Resultate der einzelnen
Grabungen zu berichten, und wie wechselsweise unsere Hoffnung
bald stieg, bald wieder sank; genug, am 14. September d. J.
am Kreuzerhöhungstage, genau um Mittag zeigte sich in deut-
lichster Übereinstimmung mit dem, was Vasari in BafaePs Le-
ben darüber berichtet, ein ganz eingemauerter Sarg, der zwar
bis auf wenige Splitter schon zerfallen war; allein die köst-
lichen Überreste, nach denen gesucht ward, noch in Ziemlich
Wohlerhaltenem Skelett vollständig bewahrte, Welches alsbald
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