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Rufa el's
Grab.
bis zum I2. September nur unter dem Marmorfussboden um
den Altar herum, und natürlich vergeblich, bis man sich ent-
schloss, den Altartisch wegzuriicken, worauf denn sogleich ein
dahinter befindliches Gewölbe von Backstcinen neuer Construc-
tion, dasmit einer Mauer verschlossen war, augenfzillig Ba-
faePs Grabstätte anzeigte. Am 14. desselben Monats, im Bei-
sein des Cqrdinals Zurla und verschiedener Commissionen, No-
tare und Arzte, wurde nun in der Untersuchung weiter ge-
schritten. Da wir über diese Begebenheit einen höchst an-
ziehenden Bericht von dem Künstler unserer Tage besitzen,
welcher seit dreihundert Jahren die gegriindetesten Ansprüche
haben dürfte der edeln Darstellungsweise Rafaells am nächsten
gekommen zu sein, nämlich von Friedrich Overbeck aus Lii-
beck, so lassen wir ihn hier nnabgekürzt folgen:
An Philipp Veit, Director
instituts zu Frankfurt a. M.
des
Städefschen
Kunst-
Boni den 18. September 1833.
Was sich in diescn letzten Tagen bei uns zugetragen hat
und gegenwärtig noch Alles beschäftigt, was irgend Kunst
iibt oder ]iebt,_wovon ich Augenzeuge gewesen bin, das wird
gewiss nicht minder Deine lebhafte Theilnahme erregen, als
es mich aufs Irmigste ergriffen hat, und da sich die Nachricht
davon gewiss sehr schnell verbreiten wird und daher leicht
entstellt zu Dir gelangen könnte, so diinkt es mich Pflicht zu
sein, Dir selber zu erzählen, was diese meine Augen ge-
"sehen, und fast dürfte ich hinzusetzen, meine Hände be-
tastet haben.
Wisse denn, Theuerster! dass ich in das offene Grab
RafaeYs geblickt habe und ihn selber, den theuren, den un-
vergleichlichen Meister gesehen, wovon meine Seele dergestalt
erfüllt ist, dass es mir fast ein Bediirfniss ist, mich durch diese
Mittheilung zu erleichtern. Gewiss wirst Du, indem Du dies
liesest, nicht wenig verwundert sein und es mir Dank wissen,
wenn ich Dir den Hergang der Sache etwas näher berichte.
Es wird Dir vielleicht bekannt sein, dass seit der Mitte
des l_6_ Jahrhunderts in Rom eine Kiinstlercongregation existirt
unter dem Namen: congregazione dei virtuosi (di S. Giuseppe
di terra Santa) del Panteon; sie besitzt die Capelle des h. Jo-
seph im Pantheon und über derselben ein Oratorium, zu wel-
chem eine kleine Stiege unter dem Porticus, links vom Ein-
gang, fiihrt; wo man sich monatlich einmal versammelt zur
Berathung über Angelegenheiten der Congregation. In dieser