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{Über
die
Illaler
der
Umbrisclzeoz
Schule.
wohl hart umgrenzten Umrissen, dass Alunno bereits in die-
sem Werke die Morgenröthe eines schönen Tages in der Kunst
verkündet. Zwar besass er keinen hohen Genius, keine schö-
pferische Eründungsgabe, gleich seinem nachbarlichen Zeitge-
nossen Luca Signorelli; allein seine Gestalten haben meist et-
was gemiithliches, allgemein ansprechendes; besonders wusste
er in seinen Frauen- und Engelsköpfen eine ungemeine Zart-
lieit und Reinheit des Gemüths auszusprechen, in dem oft dar-
gestellten h. Franciscus ein fast schwärmerisches Hingeben an
den Heiland, in den männlichen Gestalten zuweilen einen er-
greifenden Ernst. Seine Art der Ausiiihrung in Tempera ist
bei einer gewissen Entschiedenheit der Technik eher sorgfältig
und zart, als derbzu nennen. Sein Ton in den Schatten,
besonders in der Carnation geht stark ins bräunliche, ist dun-
keler als bei Pietro della Francesca, aber nicht so stark als
bei Luca Signorelli. Überhaupt" haben 'seine Temperafarben
etwas kräftiges, was sie sehr von denen des Fiorenzo aus-
zeichnet. Von seiner ausgebreiteten Wirksamkeit in Umbrien
und in der Mark Ancona gibt folgendes Verzeichniss seiner
mir bekannten Werke Zeugniss l).
In der Franciscanerkirche zu Diruta (zwischen Perugia
und Todi gelegen) befindet sich das älteste gekannte lrVerk
von Alunno. Der gothische Hauptaltar zeigt in der Mitte die
h. Jungfrau auf dem Throne (Madonna de' consoli genannt),
das auf ihrem Schoose liegende Christkind verehrend. Rechts
kniet der h. Franciscus, links der h. Bemhardin und unten
am Throne in kleinerer Gestalt der Donatar Johannes Rubens.
Noch umgeben den Thron vier liebliche Engel, und in dem
gothischen Einfassungsrahmen befinden sich mehrere halbe Fi-
guren von Engeln. Inschrift: NICOLAVS. DE. Fmenmo. PINXI.
MCCCCLVIII.
Die schon erwähnte Verkündigung in der Kirche S. Ma-
ria nuova zu Perugia ist auf eine grosse Leinwand gemalt.
Im obern Theil des Bildes sieht man Gott Vater von Chem-
bim imd Engeln umgeben, den h. Geist herabsendend. Von
vorzüglicher Schönheit ist das feine Profil des verkiindigenden
Engels, und überaus ansprechend der Ausdruck der Demuth
in dem Gesicht und in der Geberde der Maria. Die Figuren
von zwei anbetenden Heiligen, der Bruderschaft und andern
den
und
1) Vergleiche A. Mariotti Lettere pitt. perug. p. 128. und
Bericht von Dr. Gaye in dem Stuttgarter Kunstblatt vom 19.
25. October 1837.