Volltext: Rafael Von Urbino Und Sein Vater Giovanni Santi (Erster Theil)

372 
Rafael 's 
Schüler. 
unter dessen persönlichem Einliilss blieben, eine edle Rich- 
tung vor. Es fehlte ihr aber die innerliche Begründung; 
daher sehr bald nach seinem Tode sich ein schnell zuneh- 
mender Verfall zeigte und nur wenige sich auf einer selb- 
ständigen Höhe ihrer Kunst zu erhalten vermochten. Auf 
das unverkennbarste gab dieses Verderben sich dadurch 
kund, dass fast allgemein der Sinn erlosch für den Reich- 
thum naturgemässer Schönheiten, für die tiefe Bedeutung 
der Gestalten und für die geheimnissvollen Beziehungen in 
der Natur, wodurch diese das Mannigfaltigc wie in einer 
Kette verbindet. Ist nun auch zuzugeben, dass nicht jedem 
dieser Sinn in gleichem Masse verliehen ist, so belehrt uns 
doch grade die Kunstepoche, in welcher Rafael vor Allen 
leuchtete, dass damals durch ein allgemeines auf das Wahre 
gerichtete Streben der Künstler eine Menge der verschie- 
denartigsten Illdivldlltllllälißll befähigt wurden, die Schönheit 
der Formen in der Natur und ihre sittlichen Bedeutungen 
auf das mannigfaltigste aufzufassen und darzustellen. Die 
meisten Schüler Rafaefs dagegen erhoben sich nicht viel 
über eine iiaehe Nachahmung und verfielen bald in eine 
Manier, worin des Meisters Anmuth in blosse Ziererci ohne 
Tiefe des Gemiiths ausartete, und dessen schöne Formen 
bald zu todten 'l'ypen erstarben  Eine wahrhaft schöpfe- 
rische Kraft treffen wir nur bei Giulio Romano; eigenthüm- 
liche Talente nur bei wenigen andern Schülern, namentlich 
denjenigen, welche mit Rafael erst in Verbindung getre- 
ten, als sie schon ihre erste künstlerische Bildung erworben 
hatten. Zu den letzteren sind folgende drei Künstler zu 
zählen: 
Zuerst Benvenuto Tisi aus Garofalo bei Ferrara, wel- 
cher auch ,öfters mit dein Namen seines Geburtortes be- 
1) Diese Unfähigkeit der Eründung offenbart sich befremdlich 
in der Angabe des Gio. Batt. Ärmenini da Faenza (Dei veri precetti 
della, Pittura. Ravenna 1587), WO er von Rafael sagt, dass, wenn 
dieser componirt habe, er viele Zeichnungen um sich streute, um 
aus jeder das ihm Passende zu nehmen. Noch in unseren Zeiten 
waren zu diesem Zweck die Componirkasten, oder eine Menge zu- 
sammengelesener Kupferstiche der verschiedensten Art im Gebrauch.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.