Rafael bei Meister
Peruyivzo.
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ster Pietrds Werkstätte, indem er von seinem schon im
ll. Jahr seines Alters verlorenen Vater kaum etwas mehr
als einige technische Fertigkeiten überkommen haben konnte,
über das Wesen der Kunst aber noch in völliger Unwis-
senheit sein musste. Mit welcher liebenswürdigen Hingabe
er sich nun ganz an den Meister anschloss und bis in sein
zsvanzigstes Jahr kaum einen andern Wunsch hegte, als
diesem in der Kunst gleich zu kommen, ist bereits imVor-
hergehenden angedeutet, aber dabei auch bemerkt worden,
dass schon hier sein überlegener Genius sich kund that,
indem er in den Darstellungen der Charaktere eine grössere
Schärfe und in seinem Streben etwas Überschwängliches
zeigte, welches der Keim war, der bei tieferem Studium
und männlich klarem Bewusstsein sich zur höchsten Vollen-
dung entwickeln konnte. Indessen haben wir das Verhält-
niss glücklich zu preisen, durch welches die liebliche Blüthe
seines zarten Gemnths sich an einer Kunstrichtung ent-
falten konnte, die hauptsächlich durch fromme Begeiste-
rlmg und eine seltene Seelenreinheit ausgezeichnet, zu-
gleich neben dem idealen Charakter, auch Begeisterung
für die Anschauung der Natxw erweckte; so auch ein Ver-
hältniss, in welchem er in Gemeinschaft vieler gleich-
gesinnter Mitschüler durch die allgemeine Begeisterung für
die Werke des Meisters Ermunterung, durch die Ausfüh-
rung vieler, zum Theil bedeutender Aufträge, die demselben
wurden, beständig praktische Belehrung fand. Auf diese
Weise hatte Rafael das Glück, auf der Grundlage einer
beinahe handwerksmässigen Erlernung der technischen "Fer-
tigkeiten, zugleich die höhere Richtung der Kunst, welche
auf Wahrheit und sittlicher Schönheit beruht, in hohem
Grade und mit der ganzen Treuherzigkeit der Peruginischen
Behandlungsart in sich auszubilden. In der 'l'hat eine Vor-
schule, wie sie kaum günstiger gewünscht werden konnte,
da sie eben so fern von prätexltiöser Gelehrsamkeit, als
geistlosem Mechanismus war. Allerdings musste aber Ra-
fael hierauf in eine Hochschule wie die zu Florenz kom-
men, auf dass die in ihm liegenden Keime zu höherer Ent-