Entwicklung
der
Toscan.
Jllalerlnuzst.
341
IPIorenz und durch Dueeio in Siena einen neuen Aufschwung
erhalten, indem sie den erstarrten Typen der Byzantiner
einiges Leben zu verleihen wussten. Giotto, Simone di
Martino und Andere gaben darauf mit geschärftem Sinn für
Auffassung des sie umgebenden Lebens der Malerkunst
eine neue Richtung. Zwar hielten sie sich meist noch
streng an die herkömmlichen Darstellungsweisen biblischer
Gegenstände und an die Anordnungen der Altarbilder mit
Heiligen; allein indem sie häufig veranlasst wurden, ihnen
näher liegende Begebenheiten aus der Geschichte der Mönchs-
orden darzustellen, waren sie auf viele neue Motive, auf
neue künstlerische Auffassungen hingewiesen. Es entstand
daraus jene Verknüpfung des erhabenen Styls, welcher,
nach der damaligen allgemeinen Kilnstrichtung, mehr in den
Geist und das Wesen der Dinge eingehend, die Gegen-
stände in wenigen, grossartigen Zügen charakterisirte, mit
der nun ileuauticommendexi Weise: viele Motive aus dem
Volksleben zu entlehnen. I-Iiedurcli wurden die durch die
Malerei dargestellten Gegenstände dem Sinn des Volkes
menschlich nahe gebracht und erhielten so in Beziehung
auf Religion und Sitten einen wahrhaft volksthümlichexi
Charakter. Aber ihre Zeit war noch voll Lebenskraft, gross-
artig in den Bestrebungen, einfach in den Sitten und die
hohe, allgemeine Verehrung der Mutter des Heilandes als
Urbildes geistiger Anmuth hatte schon früher eine nie ge-
kannte Huldigung für Frauentugend und Schönheit erzeugt,
wodurch, nächst den allgemeinen christlichen Ansichten,
das. rauhe Leben gezügelt und gemildert wurde. Diesen
Charakter tragen daher auch die Erzeugnisse jener Künst-
1er; besonders ist bei Simone di Martino aus Siena der
Sinn für hohe Schönheit in seinen weiblichen Ileiligexi wahr-
haft bewulldruilgswilrdig.. Vorzüglich durch Giotto und seine
Schule verbreitete sich diese Richtung in ganz Italien und
behielt ihren Einfluss beinahe ein ganzes Jahrhundert hin-
durch. Zuletzt jedoch sank diese Art und Weise in For-
men ohne Leben und Geist, aus welchen die Schule von
Siena sich erst zu Anfang des sechszehnten Jahrhunderts
herausriss. In Florenz dagegen erhob sich schon um hun-.