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Rafaefs
als
Bildung
Künstler.
ren die andern Zeichner der Fabrik zu Pesaro. Bei Urbiuo,
in Fermigiano und Castel Durante, jetzt Urbania, begün-
stigte schon Francesco Maria I die dortigen Majolicafabri-
ken, und Orazio Fontana aus Urbino gilt als ein besonders
guter Maler in (lßrSClbcIl. Ich habe mit grosser Aufmerk-
samkeit in Urbino und der Umgegend, so wie auch in Mu-
seen dieSSßifS der Alpen grosse Sammlungen dieser Majoli-
cagefässe und Teller betrachtet, allein nicht auf einem ein-
zigen auch nur eine Spur einer Rafaelischen Composition
entdeckt, welche nicht durch alte Kilpferstiche bekannt wäre.
L
Obgleich sich bis hierher schon öfters Gelegenheit
dargeboten, Rafaefs eigenthümliche Eigenschaften und den
Gang seiner Entwicklung zu beleuchten, so erfordern es
doch seine hohen Vorzüge und die vor Allen ausgezeich-
nete Stelle, welche er in der Kunstgeschichte einnimmt,
noch einmal im Zusammenhange der Ursachen zu geden-
ken, wodurch Rafael vor allen andern Künstlern seit drei
Jahrhunderten die Bewundrung der ganzen gesitteten Welt
erregt hat.
Zwei Bedingungen sind es, wodurch der menschliche
Geist sich zu hoher Vollkommenheit auszubilden vermag:
Zuvörderst liegt die Möglichkeit hiezu in dessen eigenthüm-
lichen Anlagen und Vermögen; dann nicht minder auch in
seinen äussern Umgebungen, in der Periode und in der
geistigen Richtung des Volkes, dem er angehört. Denn der
tiefste Geist mit den glänzendsten Gaben ausgestattet, wird,
so selbständig er auch erscheinen mag, dennoch das Ge-
präge des Geistes seiner Zeit tragen, und von ihm geho-V
ben oder beschränkt, immer mehr oder weniger nur der
lebendige Ausdruck desselbeirsein. Werfen wir daher vor
allen Dingen einen Blick auf die geistige Entwicklung und
die Umgebungen, in welchen Rafael, wie jedes wahre Ta_
lent, sich in der Stille bildete und wodurch nothwendig des-
sen Richtung historisch bestimmt wurde.
Bekanntlich hatte in Italien gegen Ende des dreizehn-
ten Jahrhunderts die Kunst der Malerei durch Cimabue in