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Die
Verklärung
Christi.
sehen, sein verirrter Blick, das Aufschwellen der Muskeln
und seine krampfhafte Bewegung. Nicht minder lebendig
dargestellt sind der geängstigte, Hülfe suchende Vater, wel-
cher mit ergreifender Geberde die Jammergestalt seines
Kindes mit beiden Händen fassend vorhält, und die mitlei-
denden Freunde. Besonders aber in die Augen fallend ist
die schöne, mächtige Gestalt der im Vorgrund knienden
Frau, welche nach dem Knaben hinzeigend, wie mit edelm
Ziirnen und einem ergreifenden Schrei um Hiilfe fiir den
Leidendeil, sich nach den Jüngern wendet. Einei- dersel-
ben, welcher in den heiligen Büchern geforscht, scheint
durch seine Geberde zu bezeugen, dass er nicht zu helfen
vermöge. Eine noch ausgezeichnetem, wiirdigere Gestalt
ist der Apostel in rothem Gewande, der "zuversichtlich hin-
auf nach Christus zeigt. S0 sehr indessen auch in diesem
Theil des Bildes das Dramatische der Behandlung hervor-
gehoben ist und das Interesse des Beschauers in Anspruch
nimmt, sc zieht doch der obere Thä (wenn man das Bild
von der gehörigen Entfernung betrachtet) durch seine licht-
volle Erscheinung. vor Allem das Auge auf sich und stellt
sich als das Höchste und Wichtigste, als das wahre Licht
der Welt dar.
Andere hohe Eigenschaften des Werkes sollen später"
im zweiten Theil noch hervorgehoben werden, einige dem-
selben gemachte Vorwürfe ihre Entgegnung finden, wo dann
auch die zwei dem Bilde der 'I'ransfiguration beigefügten
Figuren anbetender Diaconen zur Sprache kommen werden.
Hier stehe nur noch Folgendes die allgemeine Auffassung
des Gegenstandes betreffend: So ehrenwerthe Vorbilder
auch" Rafael in der alt-typischen, symbolischen Darstel-
lungsweise der Verklärung Christi vor Augen kann gehabt
haben, an die er sich auch strenge gehalten, o hat er die-
selbe doch mit uniibertroflener Meisterschaft behandelt und
das höchste Ideal, welches der menschliche Geist sich bild-
lich zu vergegenwärtigen vermag, vollkommener als irgend
ein anderer Meister der Kunst erreicht. Im untern Theile
hingegen, als dem Gegensatz zum Himmlischen, hat er