Volltext: Rafael Von Urbino Und Sein Vater Giovanni Santi (Erster Theil)

Bericht 
Leo 
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nicht minderen Schmerz, wenn ich gleichsam den Leich_ 
nam jener edeln Vaterstadt, welche der Welt Königin war, 
so elend zerrissen und beraubt sehe. Wenn daher die Liebe 
zum Vaterlande und zu den Eltern für Jedermanns Pflicht 
gehalten werden MUSS, so halte ich mich für verpflichtet, 
alle meine geringen Kräfte aufzuwendexi, damit so viel als 
möglich ein schwaches Bild und gleichsam der Schatten 
jener Stadt am Leben bleibe, die in Wahrheit die Vater- 
stadt aller Christen ist, und einst so herrlich und mächtig 
war, dass die Menschen bereits zu glauben begannen, sie 
sei allein unter dem Himmel über das Schicksal erhaben, 
und dem Lauf der Natur entgegen vom Tode befreit und 
zu ewiger Dauer bestimmt. Daher scheint es, dass die 
Zeit, den Ruhm der Sterblichen beneidend und ihrer Kraft 
nicht hinlänglich vertrauend, sich mit dem Schicksal und 
mit jenen gottlosen und schändlichen Barbaren verbunden 
habe, damit ihr alles zernagender Zahn, von der Wuth je- 
ner Bundesgenossen unterstützt, desto grösserc Verheerun- 
gen anrichten und mit Feuerf, Schwert und Plünderung das 
alte Rom vollends vernichten möge. So wurden jene be- 
rühmten Werke, die gegenwärtig mehr als je schön und 
blühend wären, durch die schändliche Wuth und die ver- 
nichtende Rohheit verruchter Menschen, die vielmehr den 
Namen reissender Thiere verdienen, verbrannt und zerstört; 
jedoch nicht so, dass nicht noch die Anlage des Ganzen, 
aber ohne Zierrathen und so zu sagen, das vom Fleisch 
entblösste Gerippe des Körpers ziemlich erhalten blieb. 
Aber warum uns über die Gothen und Vandalen und über 
andere treulose Feinde beklagen, wenn diejenigen, welche 
als Väter und Vormiintler die armseligen Überreste des al- 
ten Roms hätten beschützen sollen, seit langer Zeit zu ih- 
rer Zerstörlulg beigetragen haben? Wie viele Päpste, hei- 
liger Vater, welche die Würde Ew. Heiligkeit, aber "nicht 
das Wissen derselben besessen, noch Ihren Geist und die 
gleiche Hoheit des Gemiiths, noch jene Huld, die Ihnen 
Ähnlichkeit mit Gott erwirbt; wie viele Päpste, sage ich, 
haben nicht antike Tempel, Statuen, Bögen und ülldt-TC 
herrliche Gebäude zerstören lassen! Wie viele haben nicht
	        
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