Volltext: Rafael Von Urbino Und Sein Vater Giovanni Santi (Erster Theil)

Zllaclonna 
des h. 
Sixius. 
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grade durch diese Spontaneität, durch diese lebendige Be- 
handlung gewann wohl das Werk, bei des Meisters vollkom- 
mener Herrschaft über seine Kunst, den ihm eigenthümli- 
chen Zauber eines freien Ergusses der Phantasie, einer in 
das Reich der Wirklichkeit übertragenen Vision. Zwischen 
den zurückgezogenen Vorhängen, gleichsam aus dem Ge- 
heimniss in die Offenbarung hervorschwebend, sehen wir 
{erklärt und von himmlischen Chören im Lichtglanz umge- 
ben, die heiligste Jungfrau, zwar dernuthsvoll, aber doch 
im Bewusstsein ihrer Würde gleich einer Königin in den 
Räumen des Himmels, ihr göttlich Kind im Arm haltend, 
durch welches alle Geschlechte der Erde Seligkeit erlangen 
sollen. Dieses, obgleich in kindlichem Wesen, schaut mit 
einem Blicke der Allgewalt und der ErkenntnissJfiefe wun- 
derbar aus dem Bilde. Auf die Mutter mit dem Welthei- 
lande weist nun der links kniende h. Sixtus, als auf 'den 
Born aller Gnaden, und scheint Fürbitte einzulegen für 
seine, ausserhalb dem Bild gedachte Gemeinde. Gegenüber 
kniet die h. Barbara, jungfräulich und anmuthig nach un- 
ten blickend, gleichsam mit weiblicher Holdseligkeit die Zu- 
sicherung erhörten Gebetes zu geben. Einen neuen Reiz 
erhält die hehre, himmlische Scene durch zwei Engelkna- 
ben voll holder Unschuld und Seligkeit, die sich unten 
höchst naiv auf eine Brüstung auflehnen.  Wer vermöchte 
indessen auszusprechen alle die Schönheit, Würde und über- 
wältigende Macht dieses wahrhaft geistigen, überirdischen 
Bildes, womit Rafael die grosse Reihe von bildlichen Dar- 
Stellungen der h. Jungfrau und ihres göttlichen Kindes 
schloss!  Nur die Bemerkung sei hier nöch gestattet, 
dass grade das letzte der Marienbilder, welches der schö- 
pferische Meister entwarf, und mit dem er den Cyclus die- 
ser Darstellungen versiegelte, die verklärte Mutter Gottes 
sein musste, wie denn auch sein letztes Bild aus dem Cy- 
clus der Darstellungen aus dem Leben Christi dessen Ver- 
klärung zeigt. Es spricht sich in dieser Thatsache, die 
wir nicht dem blossen Zufalle zuschreiben können, auf 
schöne Weise aus, wie das Streben des gottbegeistßrtßll 
Künstlers selbst ein stetes Ringen gewesen nach Verklärung
	        
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