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Die h.
Caecilia.
serer Seele eine Stimmung, ähnlich derjenigen, welche wir
beim Anblick der höchsten Gipfel der Alpen empfinden,
wenn sie in Jieiterer Klarheit wie Mittler zwischen Himmel
und Erde im Abendrothe glühen, und yvexm dann unsere
Seele, in Betrachtung derselben versenkt, stille wird und
feiert,
Obgleich nun das Altarblatt schon im Jahr 1513 be-
stellt und auch wohl im ersten Feuer der Conception ent-
worfen wurde, so scheint es doch nichtsofort vollendet
worden zu sein; denn wenn wir gewissen Nachrichten fol-
gen dürfen, wurde es erst nach Verlauf von drei Jahren in
der Capelle aufgestellt. Rafael hatte es an seinen Freund
Francesco Francia gesendet, mit der Bitte, dass, wenn er
irgend einen Fehler in dem Bilde bemerke, oder wenn es
durch den Transport sollte gelitten haben, er nachhelfen
und dafür sorgen möge, dass es in dem dazu bestimmten
Rahmen mit Vorsicht aufgestellt werde. Mittlebhafter Freude
empfing Francia den Auftrag von seinem geliebten Rafael,
öffnete begierig die Kiste und fand sich über alle Massen
überrascht durch die nicht geahndete Herrlichkeit. des Bil-
des. Wie sein Freund ihn gebeten, stellte er es sorgfältig
auf den Altar, sah seine Vorsorge hinsichtlich Rafaefs er-
füllt, und segnete den 'l'ag, an welchem ihm das ersehnte
Glück zu Theil geworden, denselben nun wirklich als den
grössten aller Meister begrüssen zu können. Auch ganz
Bologna war voll von Begeisterung für das göttliche Werk
und viele Gedichte in lateinischer und italienischer Sprache
verherrlichten dessen Ruhm Das Bild kam übrigens noch
grade zur rechten Zeit nach Bologna, denn das Jahr dar-
auf würde es den Francesco F rancia nicht mehr unter den
Lebenden getroffen haben
Vasari hat uns folgendes erhalten: '
Pingant snla alii" referantque coloribus ora;
Caeciliae os Raphael atdue animum explicuit.
2) Nach handschriftlichen Bologneser Chroniken und nach den
Memorie di Francesco Raibolini des Calvi, Bologna 1812 p. 41.
starb Francia am 6. Januar 1517, im Alter von 67 Jahren als Münz-