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Die
Caecilia.
nisse und bei gleicher Gewandtheit in der Anwendung neuer
Formen, seine Erfindungen in rationell architektonischen
Schranken hielt, während der phantasiereichere Rafael diese
zuweilen überschritt. Zu Michel Angelo dagegen steht er
als Architekt in einem entgegengesetzten Verhältniss, in-
dem er sich nie die Wlillkür in den architektonischen For-
men und Verzierungen wie dieser erlaubte und sich über-
haupt in allen Theilen durch eine grössere Harmonie und
Reinheit des architektonischen Styls auszeichnete.
Noch ist nachzutragen, welche Ölgemälde Rafael zu
Anfang der Regierung Leo X ausgeführt, um dann zu den
übrigen grossen Werken überzugehen, mit denen er den
Vaticanischen Palast ausgeschmückt.
Nach glaubwürdigen Nachrichten war es im October
1513, als eine adlige Bologneserin, die später seliggespro-
chene Elena Duglioli, del Oglio genannt, sich im Geiste
gedrungen fühlte, ider h. Cäcilia eine Capelle in der Kirche
S. Giovanni in Monte bei Bologna errichten zu lassen. Sie
wendete sich deshalb an ihren Gönner und Verwandten An-
tonio Pueci, einen Floreuliner, der es auch über sich nahm
die Capelle auf seine Kosten errichten zu lassen, und da
grade damals dessen Oheim, Lorenzo PllCCl, zum Cardinal
von Sauti Quattro war erhoben worden, so erhielt Rafael
durch diesen den Auftrag die Altartafel für jene Capelle
zu malen. Wie nun eine Inspiration zur Anfertigung des
Bildes Veranlassung gab, so scheint auch die Conception
im Geist des Künstlers ähnlichen Ursprung gehabt zu ha-
ben; denn in diesem herrlichen Werke sind alle Theile von
himmlischer Gluth durchströmt, himmlischer Harmonien voll.
Die edeln Gestalten von den verschiedensten Charakteren
tragen alle das Gepräge göttlichen Wesens und, bei noch
so bewegter Seele, den Ausdruck der Glückseligkeit ewigen
Friedens. Im Apostel Paulus, auf sein blosses Schwert ge-
stützt, erblicken wir im Ausdruck tiefer Erkenntniss und
Weisheit die Kraft des in ihm waltenden göttlichen Gei-
1) P. Meloni
Pungileoni p. 144.
Atti
6
memorie
di
Santi
III.
Bolognesi.