Rafael an
Sim.
Ciarla.
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Werthester an Vaters Statt!
Ich habe euern lieben Brief empfangen und daraus er-
sehen, dass ihr mir nicht zürnt," woran ihr in der That un-
recht hättet. Bedenkt nur, wie lästig es ist ohne wichti-
gen Anlass zu schreiben; jetzt da erisehr wichtig ist, ant-
worte ich sogleich, um euch ganz zu sagen, was ich vor-i
nehmen kann. Erstens von der Azel (tordona) zu re-
den, so muss ich in Betreff derjenigen, die ihr mir An-
fangs zugedacht, euch antworten, dass ich sehr froh bin
und Gott beständig danke, weder diese noch eine andere
genommen zu haben; und darin war ich weiser als ihr, der
ihr mir sie geben wolltet. Ich bin überzeugt, dass ihr jetzt
auch einseht, dass ich nicht dahin gekommen wäre, wo ich
nun bin. Denn ich habe bis jetzt in Rom schon Besitzun-
gen von 3000 Goldguldenlimd ein Einkommen von 50 Gold-
scudi. Sodann hat seine Heiligkeit, unser Ilerr, mich über
den Bau der Peterskirche gesetzt und mir einen Gehalt von
300 Goldducaten ausgeworfen, die mir nie fehlen werden,
so lange ich lebe, und sicher erhalte ich deren noch an-.
dere. Ausserdem bezahlt man mir für meine Arbeiten was
mir gut dünkt; für die Malereien eines andern Zimmers,
welches ich in Auftrag S. H. angefangen habe, erhalte ich
19.00 Goldducaten. So liebster Oheim bringe ich euch so-
wohl Ehre, als allen Verwandten und dem Vaterlande.
Aber ich höre nicht auf euch immer mitten im Herzen zu
tragen, und wenn ich euch nennen höre, so glaube ich
meinen Vater nennen zu hören. Beklagt euch daher nicht
über mich, wenn ich euch nicht schreibe, da ich mich im
Gegentheil über euch beschweren sollte, der ihr die Feder
immer in der Hand habt und sechs Monate .von einem Brief
zum andern verstreichen lasset. Doch zürne ich, trotz al-
lem diesem, euch nicht, wie ihr mir uugerechter Weise
thut. Ich habe die Ileirathsangelegenheiten fallen lassen,
um sie wieder aufzunehmen und euch zu antworten. Wisst,
dass mir der (Cardinal) S. Maria in Portico eine seiner
Verwandtinnen geben will, und mit Genehmiguglgäkdes
1) Sie hiess 'Maria und war die Tochter des Antonio Diäxihziö da
Bibieua, eines Brudersolms des Cardinals. Dieser verehelichte im