Die
Gizlalleea.
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hätte Michel Angeln, nachdem das Gerüst zur Malerei der
Lunegtcn weggenommen war, nicht ohne grosse Umstände
an den hohen Ort, wo sich der Kopf befindet, gelangen
können. Dieses stehe hier zur Widerlegung einer grundlo-
Sen Sage, nach welcher Michel Ängelo den Rafael habe
hofmeistern wollen.
Das Fllßäßßbildäudeia Galtathea, welches Rafael zu An-
fang des Jahrs 1514 iJiSEEaEEQTn Saal ausgeführt, ist der
Erzählung vom Cyklopen, welche Philostrat uns hinterlas-
sen, entnommen. Dieser lässt Galathea ruhig auf dem Meer
in einer von Delphinen gezogenen Muschel einherfahren,
geleitet von einigen jungfräulichen 'l'rit0nen, welche die-
neud die göttingleiche Nymphe umgeben. Diese hält ein
purpurnes Gewand, welches der Wind segelartig über ih-
rem Ilaupte schwillt und sie zugleich beschaltet u. s. w.
Auf ähnliche WVeise sehen wir im Rafaelisehen Bilde die
reizende Gestalt der Galathea von- einem Purpurgewaud um-
geben, wie sie auf einer grossen Muschel steht und die
vorgespannten Delphine ziigelt, während Amor sie durch
die grünen Fluthen leitet. In ihrem'Gef0lge befinden sich
'l'ritonen auf Muscheln und Hörnern blasend, und Seecen-
lauern, welche freudig Nymphen auf ihrem Rücken tragen
und durch über ihnen schwebende Amorine zu wilder Lust
entzündet werden. Sie bilden einen lebhaften Gegensatz
zur schönen Galathea, die den Blick himmelwärts gewen-
det, und göttlicher Sehnsucht voll, sich der Führung des
Gottes der edeln Liebe überlässt. Wir erblicken in ihr
Schönheit der Seele mit sinnlicher Aumuth verschmolzen,
eine wahrhaft vergöttlichte Natur; oder wenn man lieber
will eine in die Natur sich herablassende Göttin. Mit
Schöpferkraft vereinte Rafael in dem herrlichen Kunstwerk
die Gruppen der verschiedenartigen Liebe zu einem harmo-
nischen, auf das Höhere zielenden Ganzen; und sein rei-
cher Genius schwebt gleichsam in überlegener Ruhe über
der Darstellung, durch die bewundrungswürdige Symmetrie
der Allonlllllllg, durch die alles überstrahlende und über
das Irdische erhabene Galathea. Welchen grossen "Beifall
dieses Gemälde sogleich nach seiner Entstehung erhielt, er-