220
Rafael und
Dürer.
zuwohnen, welche damals zur Faschingszeit am Urbiner
Hof zum erstenmal aufgeführt wurde, und wozu Castiglione
ein Vorspiel gedichtet, Girolamo Genga die Decorationen
gemalt hatte
Rafael, dessen Ruf sich über ganz ltalien verbreitet
hatte, fand auch im Ausland würdige Anerkennung. Na-
mentlich in'Deutschland und zwar besonders bei dem ihm
geistesverwrandten Albrecht Dürer in Nürnberg, der eben-
sowohl in seinen Anlagen als in seinen Schicksalen man-
ches Übereinstimmende mit dem grossen Urbinaten hatte.
Er war von gleichem Reiehtlnun der Phantasie, tiefsinnig
dramatisch in seiner Auffassungsweise, universell in den
verschiedenen Fächern der bildenden Künste. Damit ver-
band er ein tiefes Studium und ein Eingehen ins Einzelne;
seine Bestrebungen sind hierin denen des Leonardo. da
Vinci ähnlich, von denen auch Rafael manches annahln.
Dürer's Gestalt war von einnehmender Schönheit, sein gan"
zes Wesen höchst liebenswürdig durch Hingebrlng, Heiter-
keit und unermüdete Thätiglteit. Auch war er ein Freund
aller edeln und grossen Männer seiner Zeit, mit denen er
häufig in Berührung kam. Vermissen wir in seinen Wer-
1) Im Buch des Archivs der Bruderschaft: Liber etc. summa
B'ratruum Fraternitatis Corporis Christi de Urbino Bl. 3: 1514.
1 Marzcr Rafaello de G" de Santi depentore.
In den 1561 gedruckten Lettere piacevoli p. 179 befindet sich
ein Brief des Castiglione an den Bischof Lodovico Canossa ohne Da-
tum, worin folgende Stelle „me ne venni ad Urbino col Cardinale
di Pavia vengo al Calandro di Bernardo nostro il qua-le ä pia-
ciuto estremamente et perchä il prologo suo venne molto tardi ne fu
recitato, un mio il quale piaceva. assai a costoro, Del resto poi si
lnutarono poche cose ehe non si potevano recitare . . sono strac-
chissimo e appena possoxlire che Madonna Margherita (Gonzaga
da Mantova) nostra essendosi conchiuso laarentado tra S. Signoria
et _un Conte di Correggio nobile, ricco, bello etc." Diese Verbin-
dung fand zu Anfang des Monats Februar 1513 statt. Die Comödie
der Calandra wurde also in diesem Jahre, nicht 1508, wie Tim-
boschi vermuthete, zu Urbino aufgeführt. Seb. Serlio der Archi-
tekt spricht mitiewunderung von Decorationen, welche Girolamo
Genga dem Herzog von Urbino zu Gefallen, wahrscheinlich für die-
ses Fest gefertigt hatte.