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mit
Illurlonna
dem
Fisch.
malt wurde. Da nämlich in Neapel die Augenübel sehr
herrschend sind, so wurde {Tir die daran Leidcnden in der
Dominicanerkirche eine besondere Capelle bestimmt, und
für diese malte llölfüel das sinnreiche Bild. Es ist eines
der bewundningswiirdigsten des Meisters, da er darin die
ganze Reinheit und Gluth der friihern Jahre mit dem gross-
artigen Styl seiner gereiften Kiinstlerschaft verband. Nichts
ist wahrer und würdiger als der Kopf des h. Hieronymus,
den der Predigerordexi als einen ihm besonders angehöri-
gen Kirchenvater verehrt. Nichts belebter und himmlisch
schöner als der Engel Raphael, der fiirbittentl den kleinen
Tobias herbeiführt. Nichts naiv kindlicher als der Knabe,
welcher im Reiz der lieblichsten Jugend und Schüchtern-
heit kaum zu nahen wagt. Im Christkinde liegt der ganze
Zauber göttlicher Huld, uud nie hat Rafael eine edlere
Gestalt der Maria erfunden als diese, welche, obgleich im
Bewusstsein- dass sie die Mutter des Heilandes ist, doch
nur in ihm ihre Grösse erkennt und demuthsvoll niedere
blickt. Auf sie passen die begeisterten Worte Vasarfs,
mit welchen er sich im allgemeinen Lob iiber die heiligen
Jungfrauen RafaePs ergiesst, indem er sagt: „ln ihnen zeigte
er, was man im Ausdruck einer Jungfrau an Schönheit zu
leistenw-ermag, deren Augen Bescheidenheit, deren Stirne
Ehrbarkeit, deren Nase Grazie, deren Mund Tugend be-
bei Zusammenstellung der Personen, gleich den alten Meistern nicht
bedacht habe, dass sie zn sehr verschiedenen Zeiten gelebt, sich
also nie zusammen treffen konnten, was ein grosser Anachronismus
sei, so stehe hier folgende Zurechtweisung: Bei Altar- und An-
dachtsbilderil mit, Heiligen, die zu den verschiedensten Zeiten leb-
ten, sollte nie eine historische Thatsache dargestellt werden, son-
dern sie bedeuten eine über Raum und_Zeit entrückte Unterhaltung
verklärter Menschen (Conversazione divina), wie wir sie uns im
Himmel zum WVuhl der noch auf Erden verweilentlen Seelen vereint
denken können. Die irVahl der darzustellenden Heiligen wird ge-
wöhnlich bedingt durch den Namen der Kirche oder der Person, für
welche das Bild bestimmt ist; oder durch die Eigenschaften, welche
einem Heiligenbesonders beigelegt werden und dessen Anrufung zur
Fürbitte die römische und die griechische Kirche als heilbringend
anempfehlen.