Attila.
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Leo X mit Hiilfe der Schweizer gegen Ludwig XII im Jahr
1513 gelang, so musste der Papst, statt Leo I nun Leo X,
nebst seinem Gefolge in den Vorgrund gerückt werden, um
die Bedeutung zu erlangen, welche er nach der unterge-
schobenen Anspielung haben sollte. Gingen nun hiedurch
auch einige mit grosser Lebendigkeit dargestellte Gruppen
der Hunnen verloren, so gewann dagegen die Darstellung
einen herrlichen Gegensatz der Ruhe und Milde gegen die
unbändige Wildheit der Barbaren, so wie das Ganze einen
weit höhern dramatischen Charakter. Die ziigellosen, alles
vervsiistenden Hunnen werden durch die mit blossen Schwer-
tern drohenden Schutzpatrone Roms mit ahnungsvollem
Schauder erfüllt, und der römische Bischof, der im Be-
wusstsein göttlichen Schutzes voll Würde und Ruhe auf
weissem Zelter den Verheerenden entgegenreitet, findet
bei Attila Gehör. Dieses Frescogemälde gehört auch in
Bezug auf die Ausführung zu den vorziiglichsten Werken
Rafaefs; denn wenn schon die grosse Abwechslung der drei
unter sich so verschiedenartigen Hauptgruppen, die ver-
ständige, klare Anordnung, die Wahrheit und das Leben
in jeder einzelnen Figur im höchsten Grade ansprechen, so
haben wir in der Malerei selbst auch die freie und breite
Behandlung, die Correctheitder Zeichnung und die Schön-
heit und Charakteristik des Colorits zu bewundern; dieses
ist von schöner Portraitwahrheit in dem Papst mit seinem
Gefolge, von himmlischem Glanz in den erscheinenden Apo-
steln, von iiackeriger Wirkung in dem wilden Hunnenvolk.
Im Sockel, welcher den untern Theil der Wände ein-
nimmt, ordnete Rafael elf Caryatiden, welche gleich Sta-
tuen von weissem Marmor das gemalte Gesimms imter den
Gemälden tragen. Sie sind eben so viele schmeichelhafte
Anspielungen auf die Regierung und die Wohlfahrt des
Staates unter Leo X. Auch die kleinen Bilder zwischen ih-
nen, in gelber Bronzefarbe ausgeführt, haben ähnliche Be-
ziehungen und dienen gleichsam zur nähern Erläuterung.
ständlich. Schon Giovanni
die grossen Männer seiner
der antiken Welt.
Santi in seinem Gedicht charakterisirt
Zeit durch die verschiedenen Gottheiten