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Attila.
Feste Governolo, brachte Geschenke und liess die Sage
verbreiten, wie der Erste der Apostel Rom in sonderbarem
Schutz halte; Alarißh habe es erfahren, der wegen Mis-
handlung der Stadt frühen Tod erlitten. Nach dem Ver-
fasser der Miscellen erschien selbst dem Attila neben dem
Papst ein Mann von imposanter Gestalt, der ihn mit blossem
Schwerte bedrohte. Da liess der König sichbesänftigen
und zog, belastet vom Raube hundert unglücklicher Städte
aus dem Lande. Nach einer andern, spätern Sage, erschie-
nen dem Attila zwei Reiter mit blossen Schwertern, die
man für die Apostel Petrus und Paulus erklärte. Dieser
letztern Sage folgte Rafael, nur dass er die Apostel in den
Lüften und nicht auf Pferden erscheinen lässt. Attila, auf
einem schwarzen Pferde mit weisser Blesse reitend, sehen
wir durch diese Erscheinung erschreckt, während Windes-
brausen die wild heranziehenden Hunnen bewegt und er-
greift und in ihren Fahnen wirbelt, wodurch Menschen und
Pferde in Verwirrung gerathen, die Trompeter zum Riick-
zuge blasen. In einem frühern Entwurf Rafaefs, jetzt in der
Pariser Sammlung, hatte er in dem Vorgrund links noch
Gruppen von Reitern und Hunnen dargestellt, welche von
der Wirkung der Erscheinung, die Attila nur allein wahre
zunehmen scheint, von Entsetzen ergriffen werden; den
Zug des römischenaBischofs aber sieht man nur in der
Ferne. Diese sorgfältig ausgeführte Zeichnung legte Rafael
wahrscheinlich dem Papst zur Genehmigung vor. Da aber
für gut befunden wurde, in dem Bilde auf die langersehnte
Vertreibung der Franzosen aus Italien anzuspielen welche
1) Diese Angabe gründet sich auf ein lateinisches Gedicht des
Gyraldi, von W. Roscoe bekannt gemacht, in welchem diese Bege-
benheit unter dem Bilde der Vertreibung der Hunnen durch Leo den
Heiligen besungen ward. Auch die Maskerade in {Florenz auf das
Johannesfest des Jahres 1514, die den Triumph des Camillus über
die Gallier vorstellte, hat ähnliche Beziehung. Diese Art der An-
spielung, Ereignisse des Zeitalters unter dem Bilde von Begebenhei-
ten des Alterthums vorzustellen, scheint damals in Italien überhaupt
sehr gebräuchlich gewesen zu sein, daher zu jener Zeit leicht ver-