Die
Illesse
7) 07l
Balseua.
197
ten Hostie Blut geflossen, wodurch er zu seiner Beschä-
lnung überzeugt wurde, dass die kirchliche Lehre von der
Transsubstantiation wahr sei. Dieses Ereigniss gab Anlass
zur Stiftung des Frohnleichnamfestes, welches jedoch erst
50 Jahre nachher allgemein in der römisch-katholischen
Kirche eingeführt wurde.
Sehr geschickt das Fenster der Wand benutzend, hat
Rafael, wie auf Stufen über dasselbe erhöht, in die Mitte
eines Chors den Altar gestellt. An ihm verrichtet der Prie-
ster die heilige Handlung, höchst betroffen und beschämt
über das Ereigniss und seinen Unglauben. Ein dienender
Geistlicher, das Messgewand des Priesters in die Ilöhe hal-
tend, so wie auch drei Chorknaben brennende Kerzen tra-
gend, nehmen mit Staunen die wundervolle Verwandlung
wahr, und die tiefer hinter ihnen stehenden Männer und
Frauen mit ihren Kindern sind lebhaft aufgeregt, den wun-
derbaren Vorgang anstaunend oder besprechend. Der Papst,
hier Julius II, kniet betend an einem Sessel zur andern
Seite des freistehenden Altars, in gemessener Haltung, wäh-
rend einer der zwei tiefer stehenden Cardinäle ziirnend
nach dem ungläubigen Priester blickt, der andere dagegen
die Hände freudig faltet und Gott für das Begebniss seiner
Allmacht dankt. Im erstern erkennt man den von Vasari
erwähnten Cardinal Rafaele Riario, bekannt wegen seines
Hasses und seiner zweimaligen Verschwörung gegen die
Medici 1). Den untern Raum 'des Vorgrundes rechts neh-
men fünf Soldaten der Schweizergarde ein, die kniend beim
päpstlichen Tragsessel in deutscher Derbheit und Einfalt
nur des Befehls ihres Herrn gewärtig, vom Ereigniss we-
nig bewegt erscheinen. Sie bilden einen auffallenden, aber
wahren Gegensatz zu der leicht erregten Aufwalhmg des
1) Über die Verschwörung gegen Leo X gibt Carlo Fea N0-
tizie intorno Raifaele Sanzio etc. Roma 1822 p- 83 interessante Allf-
schlüsse durch die Mittheilung zweier Documenfe. Nämlich den Act
(leS PKOCCSSeS im Consistorium vom 22. Juni 1517 gegen die Ver-
Sßllivofßne", und eine Verschreibung von 50,000 Ducaten des Ago-
stino Chigi vom 23. Juli 1517, welche er für Rechnung des Cardi-
nals an den Papst zu zahlen sich verpflichtet hatte.