Bilder
Die
der
Decke.
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in Grau gemalte Gurten mit Darstellungen von Gefechten,
Triumphen, Opfern n. dergl. m. Diese umschliessen vier
grosse Felder, in welche Rafael, um den Deckenbildern
ein grösseres Ansehen von Leichtigkeit zu geben, schein-
bar ausgespannte 'l'cppiche mit eingewirkten Gegenständen
wie folgt einpasste.
Das erste dieser Bilder hat zu verschiedenen Auslegun-
gen Anlass gegeben: Vasari, welchem Platner gefolgt, sieht
in ihm die Verheissung Gottes an Abraham, dass er eine
zahlreiche Nachkommenschaft haben solle. Montagnani be-
schreibt es als den Befehl an Noah, die Arche zu bauen,-
und Bellori nennt es den Dank Noah's, nachdem er aus der
Arche gegangen. Gegen diese verschiedenen Angaben strei-
ten indessen die drei Kinder, welche Vater und Mutter bei
sich haben. Mir scheint es daher am wahrscheinlichsten,
dass der Gegenstand des Bildes sich auf dic Worte der
heiligen Schrift beziehe, welche dem Befehl des Baues der
Arche vorangehen: „Noah aber fand Gnade vor dem Herrn
und zeugte drei Söhne: Sem, Ham und Japhet."
Hiedurch würde der allgemeine Segen über die Stammel-
tern des ganzen nachsiindiiuthlichen Menschengeschleehts
bezeichnet, deren Glieder ja durch Gottes Führungen alle
zu seinen Kindern berufen sind. Es spräche sich dadurch
auch die damals am römischen Hof waltende und eben so
dem Rafael eigene Ansicht grosser Humanität aus, welche
Sich durch das Studium der antiken Schriftsteller entwickelt
hatte und so lange beifallig aufgenommen wurde, bis sie der
Hierarchie selbst Gefahr drohte. Was nun die_ Composi-
tion an sich anbelangt, so zeigt sie uns den erscheinenden
Jehova voll Erhabenheit und Wliirde von zwei Engeln um-
geben einherschweben, und den Erzvater auf die Knie nie-
dergeworfexi und eines seiner Kinder im Arm, in völliger
Hingebung anbetend; die Mutter aber von unbeschreiblicher
weiblicher Anmuth mit den zwei andern Kindern aus der
Thüre des Hauses tretend. Es ist ein Bild, welches zu
den schönsten Erzeugnissen Rafaefs gehört.
Weniger ansprechend ist die Dartellung wie Abraham,
im Begriffe seinen Sohn zu opfern, durch einen Engel da"
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