Volltext: Rafael Von Urbino Und Sein Vater Giovanni Santi (Erster Theil)

F raue-nbilclrziss 
1'071 
1512. 
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reizendes Frauenbildniss dar?  In dem im Jahr 1589 ge- 
fertigten Invent-arium der Kunstgegenstände in der Tribune 
ist es ohne Benennung der Person verzeichnet, woraus her- 
vorgeht, dass man damals schon nicht mehr wusste, wen es 
vorstellen solle. Ist es indessen erlaubt eine Vermuthung 
zu äusseril, so würde iclram geneigtestexi sein, in ihm die 
von Vasari erwähnte Beatrice Ferrarese zu erkennen. Dass 
wir uns dabei keine Fürstin aus dem Hause Este vorzu- 
stellen haben, wie öfters angegeben wurde, bezeugt Litta's 
Werk über die berühmten Italienischen Familien, nach wel- 
chem zu jener Zeit keine Fürstin dieses Namens in dem 
Hause Este vorkommt. Es dürfte daher die von _Vasari 
erwähnte Beatrice aus Ferrara eine der begabten, liebens- 
würdigen Frauen gewesen sein, welche durch Impr0visati0n_ 
begeisterten Beifall ernteten: darauf scheint der goldene, 
mit grün emaillirten Blättern besetzte Kranz, den ihr Haupt 
schmückt, zu deuten, auch die gewählte Kleidung, der ei- 
gene Anstand ihrer Bewegung, der tiefeindringende Blick 
ihres seelexivollen Auges lässt diese Ansicht zu. Da wir 
nun einen Brief der Gratiosa Pia aus Ferrara vom 27. Oc- 
tober 1523 an Pietro Bembo  besitzen, worin diese sich 
nebst ihrer Beatrice empfiehlt, so dürfte derselbe wohl auf 
die rechte Spur leiten. 
Fast eben so verwirrt wie über das Frauenbildniss sind 
seit Bottari die Angaben über jenes Portrait" eines Jünglings 
von etwa 22 Jahren aus- dem I-Iause Altoviti in Florenz. 
Genannter Schriftsteller, der eine wahre Leidenschaft hatte, 
überall ungekannte Selbstbildnisse Rafaefs zu finden, war 
der erste, welcher, sich stützend auf die doppelsinnige Stelle 
des Vasari: „ dem Binde Altoviti malte er (Rafael) sein 
Portrait, da er noch jung war," behauptete, das fragliche 
sei das des Rafael, obgleich es seit mehr als zwei Jahr- 
hunderten hindurch in der Familie für das ihres Ahnherrn 
Binde gegolten hatte, der hier als ein blühender Jüngling 
von etwa 22 Jahren mit blonden Haaren und blauen Au- 
1) Im Briefwechsel des Pietro Bembo unter den 
verse principesse et altre Signore. Lib. II p. 29. b. 
Lettere da di-
	        
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