Die
Schule
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Athen.
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nach den Ideen die Objecte gebildet, dass die menschliche
Seele von ursprünglicher Reinheit durch Schuld in das ir-
dische Leben herabgesuxiken, aber von Gott ihre Erlösung
zu erwarten habe, den christlichen Ansichten schon nahe
gekommen ist. Aristoteles aus Stagira (384 Jahre V0r
Christus geboren Schüler des Plato, Erzieher Alexander
des Grossen, war im Gegensatz zu seinem Lehrer der Philo-
soph des reflectireilden Verstandes. Er stieg in seinem System
nicht wie Plato vom Allgemeinen zum Besonderen herab,
sondern vom Besonderen zum Allgemeineren auf. Er ver-
warf daher die apriorischen Ideen des Plato und setzte
sich die Erforschung der Natur, überhaupt das Gegebene,
Vorhandene, die sogenannte Wirklichkeit zum Ziel. Sein
ausserordentlicher Scharfsinn und die Masse von Kenntnis-
sen, die er aus Büchern und Naturbeobachtungen sam-.
melte, erhoben ihn zum Haupt der Natur- und Erfahrungse
philosophen. Dem Charakter dieser beiden aüsserordent-
liehen Philosophen gemäss sehen wir in unserm Gemälde
beide höchst sprechend dargestellt. ,Plato„ Ehrfurcht gebie-
tend und seinen Timäus in der Linken haltend, weist mit
(iGrWRveChtCllVQhgngnzuwßfpott hin, dem Ursprung alles
Seins, aus dem und zu dem alles ist. Er repräsentirt die
speculative, man könnte auch sagen die contemplative, theo-
logische Philosophie; während Aristoteles; als Lehrer der
praktischen Philosophie, sein Buch der Ethik haltend, und
die Rechte wie zur Erfassung der Gegenwart ausgestreckt,
die in der Erfahrungswelt anwendbare Sittenlehre als Zweck
der philosophischen Erkenntniss zu behaupten scheint.
Eine zahlreiche Schaar von Schülern jedes Alters um-
steht diese Philosophen. Unter denen -zur Seite des Plato
dürften folgende zu suchen sein: Speusippus aus Athen,
seiner Schwester Sohn, der der alten Akademie treu blieb,
Menedemus aus Eretria der Cyniker, Xenokrates der Chal-
cedonier, so wie Phädros und Agathon, welchen beiden
letztem Plato in seinem Symposien die ausgezeichnetesten
Stellen zugetheilt. Unter den auf des Aristoteles Seite
diesem Züllächst stehenden Schülern haben wir den gelehr-
ten 'l'heophrnst aus Eressus, den er zu seinem Erben und