Die
Sch-zzle
Athen.
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an solche wandte, die noch keine verkehrte Richtung durch
falsche Bildung erhalten hatten. Ein weiter im Hinter-
grund stehender Zuhörer des Sokrates möchte wegen des
seine Locken deckenden Laubkranzes den ältern Aristipp
vorstellen sollen. Zu Cyrene im Wohlleben erzogen, witzig
und gewandt, kam er mit einem starken Hange zum sinn-
lichen Genuss zu Sokrates, der diese Naturbeschalfenheit
nicht auszurotten, sondern sie zu veredeln vermochte. Aris-
tipp wurde Stifter der Cyrenäischen Schule und setzte die
Bestimmung des Menschen in den Genuss des Vergnügens
mit Geschmack und Freiheit des Geistes, darum nicht ohne
Selbstbeherrschung und Tugend. So wurde seine Philoso-
phie ein Unterricht in der Kunst, das Leben zu geniessen.
Neben ihm und am nächsten bei Sokrates steht ein mit
dem Ellbogen auf das nahe Gesimms sich stiitzender- Jüng-
ling, der ganz in dessen Rede vertieft scheint. Er dürfte
einen derjenigen vorstellen, in deren schöner Bildung der
Philosoph auch eine schöne Seele erkannte und deswegen
auf der Strasse mit seinem Stabe anhielt, um sie für höhere
Weisheit zu gewinnen. Höchst wahrscheinlich selbst ist es
Xenophon aus Athen, des Sokrates Lieblingsschüler, der
uns Denkwiirdigkeiten und eine Apologie ueines göttlichen
Lehrers hinterlassen, welche zugleich das treuste Bild des
Letztern entwerfen und ebendamit dengrossen Historiker
zugleich als vertrautesten Schüler desselben uns zu erken-
nen geben. Zu dieser Gruppe von Zuhörern gehört auch
noch ein gemeiner Mann, vielleicht der arme Wursthändler
Aeschines, einer der anhänglichstexi Verehrer des Sokrates,
der nachmals einer der berühmtesten Redner wurde, und
deshalb hier sehr passend in oratorischer Geberde, die so-
phistischen Scheinredner abweisend dargestellt wäre. Den
rechten Arm ausstreckend, scheint er sie gewissermassen
abwehren zu wollen, als erkenne er in ihnen s'chon jene
gottlosen Scheinverehrer der alten Götter, welche den wahr-
haft religiösen Weisen der Gottlosigkeit lind Jugendverfülh
rlmg anzuklagen sich ansohickten, und nicht abliessen, bis
der, den das Pythisclle Orakel „den weisvesten aller Meu-