Die
Schule
von
Athen.
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hend, den Culmiilationspunkt der griechischen Philosophie
nach zwei Richtungen hin bezeichnen. Weiter zur Rechten
befinden sich die Stoiker, Cyniker, Epikuräer und einige
der spätern Philosophen; zuletzt noch stehen im Vorgrundß
rechts die mehr dem Realen zugeivendeteil Lehrer, unter
welchen der lilathematiker läuklid besonders bemerklich.
Diese bis Jetzt unbeachtet gebliebene chronologische,
den Entwicklungsgang "bezeichnende Anordnung gibt uns
denn auch, beim Mangel irgend einer Tradition aus Rafaefs
Zeit über das Gemälde, einen sichern Leitfaden an die
Hand, um, von den im Bild erkannten, eben bezeichneten
Häuptern der Philosophie ausgehend, die andern hier dar-
gestellten Personen zu ermitteln. Diesem Leitfaden fol-
gend, will ich es versuchen das reiche Gdihälde ausführlich
zu erklären.
In der Gruppe links im Vorgrnnde sind vier Gründer
philosophischer Schulen dadurch bezeichnet, dass sie, auf
besondern Postamenten sitzend oder "stehend, gewisser-
lnassen als unabhängig erscheinen. Der älteste der hier
dargestellten Philosophen ist Pythagoras aus Samos, der
um 550 Jahre vor unserer Zeitrechnung zu Kroton in ita-
lien eine philosophische Schule stiftete, die zugleich auf
intellectnelle, religiöse und sittliche Bildung ihr Absehen
gerichtet hatte. Auch legte er den Grund zu einer mathe-
matischen Schule, und indem er in den Zahlen die Prin-
cipien der Dinge erkannte, erfasste er die Wissenschaft
der Arithmetik in ihrer höchsten Bedeutung. Er sitzt ganz
im Vorgrund von Schülern umgeben und scheint tiefsinnige
Worte über die harmonischen Verhältnisse der Musik in
ein Buch zu schreiben, da ein neben ihm niedergekauerter
Jüngling, wahrscheinlich sein Sohn Teleauges, ihm eine
Tafel vorhält, auf der die von ilnn gefundenen 'l'onverhält-
nisse der Musik, Octave, Quinte und Quarte, durch die
griechischen Worte Diapason, Diapenta und Diatessaron an-
gegeben sind. Unter den hinter Pythagoras befindlichen
Sßhiillern ist in dem nachschreibenrlen, altern Manne wohl
Archytas dargestellt, welcher, wie angenommen wird, die
Pythagoräische Lehre von den Gegensätzen weiter ausge-