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Rafaefs
dritte
Reise
nach
Urbino.
fael Santi miteinander geschlossen haben, ist der schon eie
wähnte Brief des letztern an Francia, so wie das Sonett
des Francesco zum Lobe des Urbiners, worin er zugleich
ein schönes Zengniss gibt von seiner Bescheidenheit und
der Anerkennung der hohen Verdienste seines jungen Ri-
valen. Brief und Sonett sollen an ihrem Orte mitgetheilt
werden.
Nachdem Rafael; wie zu vermuthen, seine Arbeit in
Bologna beendigt hatte, besuchte er nochmals, wahrschein-
lich, um seine Verwandte und Freunde nach überstandener
Pest zu sehen, seine Vaterstadt Urbino. Diesmal traf
er den Herzog Gnidubaldo in besserem Gesundheitsznstande
und den Hof in schönerem Glanze; denn nicht nur hatte
der Fürst bei der Einnahme von F orh seines Vaters reiche
Bibliothek und andere Kostbarkeiten wiedererlangt, -und
die Gemächer des Palastes mit silbernen Geiässen, mit Gold-
und Seidestoffen, antiken Statuen in Warmer und Bronze,
köstlichen Gemälden und Musikinstrnmeilten aller Art ge-
Sellmüßkt, sondern am Hof befand sich damals auch die
Blüthe der schönen Geister Italiens um den hochverehrtcn
Fürsten und seine liebenswürdige, talent- und geistvolle
Gemahlin Elisabetta Gonzaga versammelt. Ein seltner Ver-
ein, wie wir ihn in unsern Zeiten auf ähnliche Art in Wei-
mar gesehen, wo unter dem Schatten fürstlicher IIuld die
schönsten Geister Deutschlands inhaltsreiche Tage verleb-
ten, wo Männer, wie I-Ierder, bVielantl, Göthe und Schil-
ler eine neue Epoche in der Geistesbildnng ihrer Nation
begründen halfen.
Der, Herzog Guidubaldo, Erbe des Feldherrnruhnls sei-
nes Vaters, besass noch ausgezeichnetem Kenntnisse als
dieser. Er war in den meisten lateinischen und griechia
sehen Schriftstellern sehr bewandert; die Gedichte Homer-k
und VirgiPs aber wusste er auswendig und bei Gelegenheit
recitirte er gerne grosse Stellen aus denselben. Feind al-
1) In den Acten des Lodovico Oddi p. 188 steht: non me ro-
gavi proptex" pestem epidenxiae de mense martii 1506 sc-
div] ad civitatenu Urbini cum Lota familia etcl