Älallonmc
der
Fiiclacrpalnze
im
Grünen.
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und gewann zu dem jungen Rafael, den er hier kennen
lernte, eine solche Zuneigung, dass er ihn beständig bei
sich im Hause und zu Tisch haben wollte und sich ihm
auf alle Weise gefällig erzeigte. Rafael dagegen, nach der
Liebenswürdigkeit seines WVesens, wollte an Freigebigkeit
nicht nachstellen undsuchte ihm seine Dankbarkeit dadurch
zu bezeigen, dass er zwei Madonnenbilder für ihn malte,
von denen das eine, unter dem Namen der Jungfrau im
Grünen bekannt, sich vollkommen erhalten in der Bilder;
gallerie des Belvedere zu Wien befindet. Das andere glaube
ich in der auf eine runde Tafel gemalten h. Familie bei
der F ächerpalme zu erkennen, welches aus der Gallerie
Orleans in die des Herzogs von Bridgewater zu London ge;
kommen ist. In der Ausführung beider Bilder bestätigt sich
Vasarfs Urthcil, welcher sagt: Rafael habe dem Taddeo
Taddei zwei Bilder gemalt, welche noch etwas von seiner
ersten Peruginischen und auch schon etwas von der andern
bessern, durch das Studium in Florenz erworbenen Behanda
lungsweise zeigten.
Das Bild, die h. Jungfrau im Grünen genannt, zeigt
uns Maria in einem reichen Wiesengrunde ruhend, wie
sie in liebevoller Sorge das vor ihr stehende Jesuskind mit
beiden Händen hält. Dieses neigt sich mit ilnausspreche
licher Anmuth zu dem vor ihm knienden kleinen Johannes
und fasst das Kreuzchen, welches dieser ihm darhält, in-
dem er seinen göttlichen Gespielen gar trenherzig anschaut.
Dieses Bild ist in Hinsicht auf den Entwicklungsgang Ba-
fael's noch besonders merkwürdig, indem darin zuerst das
Studium nach Leonardo da Vinci entschieden hervortritt,
sowohl in der allgemeinen Ilaltung und dem bräunlichen
Ton des Vorgrundes, als auch im Charakter der Zeich-
nung. Besonders erinnern die Kinder und der Madonneu-
kopf sehr au die jenem Meister eigenthiilnliche Weise,
ohne jedoch zum Aifectirten hinzuneigen, wie dies bei den
meisten Schülern des Leonardo der Fall ist, welche geist-
lose, platte Nachahmer wurden; vielmehr ist es hier bei
Rafael der Wiederschein einer lebendigen Auffassung der
Eigenthümlichkeit des Leonardischen Geistes. Daher ist