Georg
und
Michael.
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brett gemalt habe, das sich zu seiner Zeit in Fontaine-
bleau befand. Dieses ist aber eine Verwechslung; denn
obgleich sich jetzt noch ein S. Georg aus jener Epoche im
Pariser Museum befindet, so ist doch nur dessen Gegen-
stück, ein S. Michael, auf ein Damenbrett gemalt, den
Lomazzo gleichfalls dabei zu erwähnen scheint, wenn er
nicht darunter das grosse Bild des S. Michael in Paris ver-
steht. Indessen halte ich mich iiir berechtigt anzunehmen,
dass Rafael die beiden kleinen Bilder zu gleicher Zeit für
den Ilerzog gemalt, und will sie hier etwas näher beschreiben_
S. Georg geharnischt auf einem weissen Pferde ein-
hersprengend, hat gegen den Drachen schon seine Lanze
zersplittert und ist eben im Begriff; ihm einen tödtlichen
Streich mit seinem Schwerte zu versetzen. Im Grunde der
felsigen Landschaft sieht man iiiehend die Königstoehter,
nach der Legende Prinzessin Cleodelinde, welche auf die
Kapadocierin hinzudeuten scheint, die S. Georg zum Chri-
stenthum bekehrte. Sehen wir nun in dieser Darstellung
einen jugendlichen, christlichen Streiter, der im Gefühl
göttlichen Beistandes mit Zuversicht gegen das Unthier
kämpft, so ist RafaePs Phantasie noch ergreifender in dem
eigenthümlichen Bild .des von Gott gesandten Erzengels
Michael, der in jugendlicher Fülle und Schönheitprangend,
wie S. Georg in Eisen gepanzert und mit Schwert und
Schild versehn, siegreich das fnrchterlichste der ihn 11m-
gebenden Ungeheuer bekämpft. Kleinere Ungethiime in
der nächtlichen Felsengegend sehen ergrimmt oder bedenk-
lich dem Ausgang zu, ohne es selbst zu wagen sich gegen
den göttlichen Helden in den Streit einzulassen. Die Dar-
stellungen im Ilintergrund erinnern an verschiedene Bilder
der Ilölle des Dante; so die in Flammen aufgehende Stadt
des Zorns , von Dante im VIII. Gesang Citta di Dite genannt.
Um sie schleichen geheimnissvoll verkappte Figuren, wel-
che sich auf die mit Blei bedeckten Heuchler des XXIIl.
Gesangs der Hölle beziehn und zur andern Seite sieht
Laggiü trovammo una geute dipinta
Che giva intorno assai con lenti passi,
Piagemlo, e nel sembiaxlte stanca e vinta-