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auf dem
(Wrislus
Ülllerg.
Totalwirkung berechnete, grössere Bild des Sposalizio bei
weitem übertrifft. Übrigens ist auch das Bild für den
Herzog noch ganz Perugiliisch, ja erinnert selbst einiger-
massen an die (lemselben Gegenstand gewidmete, schöne
Tafel des Meisters, welche aus der Kirche La Calza in
die Gallerie der ldorentinischcn Akademie gekommen ist.
Auch hier liegen im Vorgrund die drei schlafenden Jünger
und hinter ihnen erhebt sich ein Iliigel", auf welchem Chri-
stus kniet, und während ihm ein Engel den Leidenskelch
darreicht, im Gebete ringt. Nur hat Rafaefs Schönheits-
sinn die Anordnung in viel schönere Linien gebracht und
eine grössere Feinheit in den Charakteren entwickelt. S0
ist in Stellung und Kopf des I-Ieilandes dessen Schmerz
und Ergebung sehr ergreifend ausgedrückt; in Petrus das
lebhafte, eifrige Temperament nach hcrgebrachtem 'l'_ypus;
in Jacobus das Jesusähnliche und Edle; in Johannes das
sanft Liebevolle. Weniger gelang es ihm in den andern-
Figuren gemeine und selbst teuflische Charaktere (larznstel-
len. Denn auch dem Judas lschariot und der gewalfneten
Schaar der Häscher, die man im Mittelgruizde erblickt,
gab er liebliche und würdige Gestalten, und in Judas ist
auch keine Andeutung von Verrath zu entdecken. Das
tiefere Reich der Geister war dem jugendlichen Künstler
damals noch verschlossen und die ganze Welt spiegelte
sich nur unschuldsvoll in seiner edeln Seele; nur himm-
lische Chöre liessen ihre harmonische Accorde_ in ihr ver-
nehmen. Jenes Bildchen ist nun im Besitz" des Principe
Gabrielli in Rom, der nach seiner zuvorkommenden Güte
mir gestattete eine" Zeichnung davon fertigen zu lassen,
so dass ich durch den hier beigefügten Kupferstich von
Gruner (Tafel VIII) den Kunstfreunden die Bekanntschaft
mit einem lange Zeit vergeblich aufgesuchten und in der
Kunstgeschichte merkwürdigen Bilde von Rafael zu ver-
schalfen im Stande bin.
Noch erwähnt Gio. Paolo Lomazzo einen S. Georg,
welchen Rafael dem Herzog von Urbino auf ein Damen-
In
seinem :
Trattato delP arte de'la pittura. Milano. 1584 p. 48.