Anweisung
ZDF"
des christlichen
Architektur
Cultus.
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Kapitel lV. Ueberblick der liturgischen Bauwerke, vom Bg-
ginne des Christenthums bis auf unsere Zeiten.
Der Verfasser beginnt mit den römischen Basiliken, welche den Chri-
sten zuerst zum öffentlichen Gottesdienst eingeräumt würden und nach
denen sie ihre ersten Kirchen bauten. Seine Absicht ist, alle Eigenthüm-
lichkciten der christlichen Basilikcn aus den Antiken herzuleiten. Für die
Krypten (der Verf. schreibt Chribden) findet er schon ein Vorbild in
dem kleinen Gewölbe, welches sich unter dem Tribunal der Basilika von
Pompeji erhalten hat. Das Quersehiif der christlichen Basilika findet der
Verfasser ebenfalls in der römischen: die Advokaten sollen dort gesessen
haben; wir "bitten um Citate aus den Alten! Das eine Beispiel der
Basilika des Paulus Aemilius, das der Verfasser, nach Andrer Vorgange,
auzuführen scheint (er verschreibt sich wohl nur, wenn er „San Paolo
fuori delle mura" nennt, eine christliche Basilika des fünften Jahrhunderts!)
ist sehr ungenügend. Der capitolinische Plan (Piranesi, Antichita Romane
I, pl". lI, 51) zeigt in jener drei Säulenstellungen vor dem Tribunal, die
wenig Aehnliehkeit mit dem christlichen Querschitfe haben. Der Verfasser
stellt diese Meinung auf, um die Absicht jener einfach verständlichen
Symbolik, eines vorherrschenden Kreuzes in der Grundanlage des Gebäu-
des, um die geringste selbständig künstlerische Erfindung von Seiten der
früheren Christen ivegzuläugnen; nur devoteste Verehrung des Alterthums
soll da gelten, wo wir die Motive für unsre Bestrebungen zu entneh-
meu haben.
Aehnlich verhält es sich mit andern Neuerungen der alten Form. Die
Kuppel über der Durchschneidung des Haupt- und Qucrschitfes, eine der
grandiosesten Einführungen der Byzantiner, ist nach dem Verfasser aus
rein constructivem Grunde errichtet, lediglich um Licht für das Sanctua-
rium zu schaffen. Die ältesten Glockenthürme, sehr einfache vierseitige
Gebäude mit schlichten Arltadenötfnungen, die erst etwa mit dem neun-
ten Jahrhundert aufkommen, müssen den Septizonien u. dergl., namentlich
den thurmähnlichen Grabmalen, wie solche das weitentlegene Palmyra
zeigt, nachgebildet sein.
Hierauf erzählt der Verfasser, wie dieser byzantinische Kuppelbau,
um die Zeit Karls des Grossen, übervdas Abendland verbreitet sei; doch
habe man Unrecht, "die Kuppeln allein als charakteristisches Merkmal der
byzantinischen Bauart bezeichnen zu wollen, während viele anderweitige
Kennzeichen derselben ankleben. Halbzirkelformige Gewölbe; Anwen-
dung zusammengetragener Ruinentheile antiker Gebäude, schlechte Aus-
führung und Zusammensetzung, kleine Fenster ohne Malereien, Scheinbar
beengter innerer Raum, ein verworrenes, jedoch oft malerisches AeussereS
flache Pilaster ohne Knauf oben in Verbindung mit Gesimsen tretend,
welche aus Konsolen und kleinen Bögen gebildet sind, und lange Reihe
von Arkaden-Oeiinungen und Fenstern durch Säulen und Säulchen ge-
trennt" eine meisterhaft confuse Schilderung einiger confusen lombar-
disehen Gebäude. Die sehr bedeutsamen und geistreicheu Gebäude, welche
vornehmlich Deutschland in diesem Style besitzt, scheint der Verfasser
nicht kennen gelernt zu haben. Gleichwohl enthalten diese seine Muster
byzantinischen Baustyles nein weit gesünderes constructives Princip" als
der Spitzbogenstyl: sie sind „gewisscrmaassen zu einer architektonischen