Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

Berichte, 
Kritiken, 
Erörterungen. 
u. a. den Zug Heinrichs lV. über die Alpen; eine Lorelei, die tiefsinnige 
Sirene des Mittelalters, welche Begas für den hiesigen Kunstverein aus- 
führen wird; einen Friedrich Barbarossa, wie er, laut der Sage, noch heute 
schlafend in einer Höhle des Kyffhäuser sitzt und sein Bart durch den 
Marmortisch gewachsen ist; biblische Scenen, u. a. m. 
Das grosse Bild von Hen sel, Christus vor Pilatus, welches den Künst- 
ler bereits seit Jahren beschäftigt, wird ebenfalls zur diesjährigen Aus- 
stellung vollendet werden. Es ist eine sehr reiche, durchdachte Composi- 
tion. Zur Linken sitzt Pilatus mit Lictoren, Römerpriestern und Abgesandten 
tributptlichtiger Völker; vor ihm steht Christus, von einem Haufen jüdi- 
scher Schriftgßlehrteß umgeben. welche in wilder Hast den Tod des Hei- 
landes fordern; hinter dieser Gruppe kommt der Zug des Hohenpriesters 
Caiphas, der von Knaben auf einem Palankin getragen wird und sein 
Gewand zerreisst; auf der rechten Seite ist ein Thurm. aus dessen Fenster- 
gitter Barrabas schaut, eine römische Wache vor der Thür. Weiber 
drängen hier im Vordergrunde heran, das Blut des Erlösers auf ihre Kin- 
der herniederrufend, und nur Eine wendet sich mitleidsvoll mit ihrem 
Knaben. Auf der anderen Seite sitzt, in tiefster Bekümmerniss, der treue 
Zeuge Johannes. Es ist dies vielleicht das grösste Staifeleibild, welches 
bisher in Berlin gemalt worden,  die Gruppen des Mittelgrundes, des 
Pilatus und Christus, sind in Lebensgrösse, die des Vordergrundes also 
bedeutend colossal,  und schon in dieser Beziehung, da es der Künstler 
ohne Bestellung malt, ein sehr ehrenwerthes Unternehmen. Das Ganze 
ordnet sich klar und verständlich, die Figuren sind edel gezeichnet, ein- 
zelne Köpfe der Juden bereits vollendet und voll des bewegtesten, eigen- 
thümlichsten Lebens. Ausser den Köpfen hat der Künstler besonders auch 
den Bewegungen der Hände eine bedeutsame, vielfach verstärkende und 
bestimmende Sprache zu geben gewusst. Möge ein gutes Geschick dies 
Bild an einen würdigen, räumlich entsprechenden Ort führen, wo es als 
Ganzes, sowie in seinen Theilen, wirken und genossen werden kann! 
Im Auftrage des Königes ist durch den Verein zweier Talente, des 
Blumenmalers Völcker d. V. und des Historienmalers von Klöber, ein 
eigenthümliches WVerk entstanden: Pausias und sein Blumenmädchen. ln 
der Mitte des Bildes, in leicht griechischem Gewande, fast lebensgross, 
sitzt das Mädchen; die Blumen zum Strauss zusammenfiigcnd, die ihr von 
dem Geliebten, der zu ihren Füssen sitzt und zu ihr emporschaut, hinge- 
reicht werden. Vorn sind Blumen in reichster Pracht vor das Paar hinge- 
schüttet, zur Seite blühen sie in voller Masse hervor und hinten im Halb- 
schatten, auf einer Brüstung erhöht, steht ebenfalls eine Vase mit Blumen. 
Ein Weingang auf leichten Pfeilern führt in die Landschaft hinaus. Das 
sorgliche Entgegenkommen beider Künstler, das gemeinschaftliche Arbeiten 
auf Einen Zweck macht nur eine erfreuliche Wirkung, und wenn die 
Blumen, namentlich im Vordergrunde, durch den Glanz der Farbe vorzu- 
herrschen scheinen, so siegen wiederum die Figuren durch das Gewicht, 
und die Ruhe der grösseren Massen.  Ausserdem sahen wir in v. Klö- 
ber's Atelier eine anmuthige Composition, eine Scene aus der Jugend des 
Bacchus, die er für denhiesigen Verein zu malen angefangen hat. Sodann 
eine höchst grandiose Skizze: Christus auf dem Gipfel eines öden Berges, 
welcher den Versucher von sich gehen heisst und dem die Engel dienen. 
Sehr einfach und würdig ist die Figur des Erlösers, indem er mit der 
Linken den Versucher abwehrt und mit der Rechten empor weist; dieser,
	        
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