von Augsburg.
Dom
Ueber den
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geschichte würde dieselbe von Werth sein; für allgemeine baugeschicht-
liche Ergebnisse hat sie, etwa mit Ausnahme der zierlich späten Einrich-
tung der Scitenschiife, eine minder hervor-stechende Bedeutung.
Ueber die Zeit der Ausführung der Bronzethür liegt keine urkundliche
Angabe vor. Die Chronisten deuten, mit verschiedener Jahresangabe, auf
das elfte Jahrhundert; Hr. v. Allioli sucht es wahrscheinlich zu machen,
dass sie der Zeit der Vollendung des damaligen Baues angehöre, womit
ich gern übereinstimme. Vorzugsweise lässt es sich Hr. v. Allioli ange-
legen sein, den Inhalt der 35 Reliefbilder, welche die Thür enthält, aus-
zudeuten; er verfahrt hiebei nicht ohne Scharfsinn, aber leider nur nach
durchaus subjectivem Ermessen, ohne alle umfassendere Kenntniss der in
der Kirche des früheren Mittelalters üblichen symbolisirenden Bilder-
sprache , somit ohne Bezugnahme darauf, ohne diejenige Bewährung,
welche den voraussetzlichen Inhalt dieser, zum grossen Theil so wenig
bestimmt charakterisirten Bilder durch die Vergleichung mit anderweitig
festgestellter Symbolik hätte zu Theil werden müssen. Seine Erklärung
bleibt daher bei allen denjenigen Bildern, wo der Inhalt nicht schon auf
der Hand liegt, fraglich. Wenn die Scenen der Genesis ziemlich klar zu
sein scheinen; wenn Hr. v. Allioli in den Scenen des Simson der schon
von mir (auf den Grund altchristlicher Symbolik) gegebenen Weisung
folgt; wenn seine Annahme, dass die Frau, welche den Hühnern Futter
hinstreut, die Kirche vorstelle, sich ganz wohl empüehlt, ebenso wie die,
dass in den gekrönten Kriegern ein siegreiches Kämpfen vorgestellt
sei; so erlauben andre , in ihrer wenig bestimmt ausgeprägten Erscheinung,
auch mannigfach andre Erklärungen, die zum Theil selbst geradehin in
das Gegentheil zu wenden sein möchten. Der Mann mit der Schlange auf
der Schulter (Relief N0. 2) braucht z. B. nicht den Sieg über die Sünde
darzustellen: es kann, um überhaupt in dieser Weise der Ausdeutung zu
blelbell, ßbensogut die Dienstbarkeit unter der Sünde sein. Der trau-
benspeisende Bacchant (No. 26 und 30) stellt nicht nothwendig Lüsternheit
und Sünde dar: es kann ebensogut die Aufnahme christlicher Lehre und
Gnade sein, da Jedermann weiss , dass Wein und Weinlese ältest christ-
liches Symbol ist und selbst das einigermaassen antike Gebahren des
Mannes aus dem classischen Alterthum (wie so häufig in der byzantini-
schen Kunst) herübcrgenommene Tradition sein kann. U. A. m. Vor
Allem würde es, für eine Erklärung, wie Hr. v. Allioli sie giebt, nöthig
sein, die Richtigkeit des Einzelnen durch strengen Bezug zum Ganzen
und dessen Entwickelung nachzuweisen. Hr. v. A. lässt sich freilich auch
dies angelegen sein. Nach seiner Auffassung ist der Grundgedanke der
Bilderfolge der: „den Kreislauf des menschlichen Heiles in den allge-
meinsten Grundwahrheiten darzustellen." Der Gedanke ordnet sich ihm
in fünf Kreise, aber der Art, dass das Zusammengehörige nirgend auf-
einander folgt, sondern hier und dort, von rechts und links, von oben
und unten, aus der Fläche der Thür zusammengesucht werden muss. Da-
bei fehlt eben durchaus der räumliche Zusammenhang, durch welchen die
Erklärung des Einzelnen sich hätte rechtfertigen können. Hr. v. A. sieht
in diesem bunten Durcheinandermischen, welches das ganze Werk gründ-
lichst verwirrt, eine tiefsinnige Absicht, der Charakter-Eigenthümlichkeit
des christlichen Kirchenbaues durchaus entsprechend. Diejenigen indess,
welche das Wesen des letzteren mit Ernst durchforscht, dürften auch in
seiner geheimnissvollsten Mystik nichts Vernunftwidriges gefunden haben.