Uaber die Rahmenform.
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beschaifenheit, aber immer als Bild. Hierin möchte denn auch, mehr als
in sonst welchen Willkürlichkeiten und Bizarrerieen seiner Formenbil-
dung im Einzelnen, das Zweifelhafte seiner künstlerischen Existenz be-
gründet sein: es ist vielleicht nicht das richtige Verhältniss von Mittel
und Zweck, ist auch wohl geradehin eine Verschiebung des Zweckes.
Gleichwohl wird aber auch hier, selbst durch die Betrachtung des Ex-
trems, die ästhetische Einsicht wesentlich gefördert, werden für neues
Schaffen wesentliche Resultate gewonnen werden können.
Ueber
die
Rahmenform.
Höchst charakteristisch ist die Ausbildung und Durchbildung eines
bestimmten Details in der Rococo-Arcliitektur, _'die der Einrahmung.
Dies hängt, wie es mir scheint, mit dem inneren Wesen des Rococostyles
zusammen. Die architektonische Masse, im grösseren Ganzen wie in den
Theilen, hat hier etwas quellend Bewegtes, was jenen lebendigeren
Wechsel der Erscheinung, an dem sich die malerische Wirkung entfaltet,
hervorbringt und gleichzeitig jene innige Verbindung der freien Relief-
sculptur mit der Masse so wesentlich begünstigt. Es ist überall prin-
cipiell wenigstens eine weiche Lcbensfülle, der aber doch das stets
bedingende Gesetz der architektonischen Organisirung (wie im gothischen
Baustyle) fehlt. Es ist daher ein Element nöthig, welches dieser inneren
Beweglichkeit wiederum Grenzen setzt. Als solches möchte ich die Ein-
rahmungen betrachten", denen wir an Gebäuden dieses Styles überall, wo
es etwas einzuschliessen giebt, an Facaden, Wänden, Decken u. s. w. be-
gegnen. In ihrer Bildung stehen sie aber naturgemäss nicht im Wider-
spruch gegen das Princip, das im Uebrigen die Formen des Rococostyles
erfüllt; vielmehr ist es eben dasselbe Princip, was der Einrahmung hier
zugleich ihre selbständige ästhetische Bedeutung giebt. Es ist in ihrer
Bildung etwas kreisend Umschwingendes, das den Begriii des Umgrenzens
in lebendig bewegter Gestalt zur Ersclieinungvkommen lässt. Dies em-
pfinden wir schon in der Protilirung solcher Itinrahmungen, welohetzu-
meist, durchaus abweichend von der Strenge antiker Gliederprofile, einen
wellenartigen Charakter haben, gesenkt und straffer gehalten nach dem
inneren Rande, erhaben und weicher hinausstromend nach der äusseren
Seite. Doch nicht hierin allein ist die kreisende Bewegung ausgedrückt-
lm Umschwunge der Ecken, wo sie natürlich bei Weitem am starksten
gedacht werden muss, löst sie sich, wendet nach der einen Seite zurück,
hebt für die fortzusetzende Bewegung mit correspondirentlem Schwunge
an und bildet der Art ein Spiel von volutcnförmigen Schnörkeln, deren
feinen, wahrhaft classischen Schwung wir nicht selten mit Bewunderung
beobachten. Dieser Ausdruck des Rollenden wird dann auch in eigentlich
ornarnentistischer Weise noch fortgesetzt, vornehmlich durch Anbringung
jener muschelförmigen Rundschalen, deren Bildung dem Volutenwesen
meist so wohl entspricht. Noch andres Ornamentistische zieht sich wohl
darübgr hin, gelegentlich, wie in feinen Blumengehängen, die einen zier-