Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Fragmente zur 
Theorie der Kunst. 
dernen Kunst jene Behandlungsweise des Reliefs durch ein andres Element, 
welches keineswegs eine ähnliche ästhetische Gültigkeit hat, vielfach 
getrübt und beeinträchtigt worden. Dies ist die Aufnahme des aus- 
sehliesslich Malerischen in das Relief, die Nachbildung der perspek- 
tivischen Wirkungen, welche die Ferne mit in den Bereich der bildlichen 
Darstellung zieht. Es bedarf hier des erneuten Nachweises nicht, wie 
und aus welchen Gründen ein solches Element in der modernen Sculptur 
Eingang fand, noch warum dasselbe künstlerisch unzulässig ist. Eine schein- 
bare Verwandtschaft zwischen beiden Elementen, dem des aus dem Grunde 
hervorquellenden Reliefs und dem der Andeutung malerischer Perspektive 
im Relief, mag zu solcher Verbindung des innerlich doch sehr Verschie- 
denartigen beigetragen haben. Das quellende Relief  um diese Bezeich- 
nung beizubehalten  ist nicht unbedingt auf ein überall gleichmässiges 
Hervortreten angewiesen; seine verschiedenen Theile werden, je nach 
ihrer Energie oder Bedeutung, verschiedenartig vorspringen können, und 
nur das allgemeine rhythmische Gesetz, welches die Dissonanzen verbannt 
oder auflöst, wird diese Weise des Hervortretens regeln; das Relief ist 
hierin einer mannigfaltiger-eh Lebensiiusserung fähig, und es ist somit bei 
alledem auch die perspektivische Verschiebung und Verkürzung des dar- 
gestellten Einzelgegenstandes oder von Theilen desselben (dergleichen 
schon in dem mehr erhabenen, nach griechischem Prineip behandelten 
Belief nicht überall umgangen werden kann) sehr wohl zulässig. Mit 
dieser verschiedenen Höhe des quellenden Reliefs, mit dieser gelegentlich 
vorkommenden perspektivischen Behandlung des Einzelgegenstandes stehen 
nun allerdings die Bedingnisse der Nachbildung malerischer Perspektive 
im Relief äusserlich parallel, während gleichwohl auch hier eine gegen- 
seitige Beziehung nicht anzuerkennen ist. 
Noch ein besondrer- Umstand ist hiebei zu berühren. Es liegt in der 
Weise jener Reliefbehandlung, welche auf eine Aneignung der malerischen 
Perspektive hinausgeht, dass hei der Darstellung von räumlich getrennten 
Vorgängen verschiedene Grundlinien für die vorgeführten Gestalten an- 
genommen, dass die ferneren (und kleiner gehaltenen) Gruppen im Flach- 
relief, die näheren im Hautrelief ausgeführt werden. Es ist eine solche 
verschiedenartige Reliefhöhe, zur Unterscheidung der Figurengruppen, auch 
wohl bei andern künstlerischen Arbeiten zur Anwendung gekommen, die 
im Uebrigen wesentlich nach dem strengeren griechischen Gesetze, von 
dem speziell Malerischen ganz absehend, behandelt sind (und in diesem 
letzteren Falle allerdings von noch mehr zweifelhaftem und das künstle- 
rische Gefühl störcndem Eindrucke, weil das Auge,  ohne überhaupt 
weiter von jenen, 0b auch conventionell perspektivischen Elementen in 
Anspruch genommen zu sein,  durch den unvermittelten Gegensatz von 
stark runden und flach auf die Fläche gehefteten Gestalten doppelt ver- 
wirrt wird). Die gelegentlich verschiedenartige Höhe der Einzeltheile des 
aus dem Grunde hervorquellenden Reliefs, die, wie angedeutet, in dem 
inneren Lebenselemente desselben beruht, hat mit diesen änsserlichen 
Conventionen nichts gemein. 
Das quellende Relief hat einen gewissen Antheil an malerischer Wir- 
kung, aber an sich lteinesweges mehr, als überall  bei dem so häufigen 
Wechselverhältniss zwischen verschiedenartigen Künsten  die eine Kunst 
von der andern ohne Gefährdung ihrer charakteristischen Eigenthümlieh- 
Keil und Selbständigkeit aufzunehmen befähigt und je nach Umständen
	        
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