728
Beri
Kritike
Erörterungen
ltadirungen oft ausgestattet sind, dass er, auch schwermüthig ernst, auch
in kecker Verwegenheit, auch übermüthig jauehzend, die Seele ist, die
in diesen wundersamen Linien-, Ranken- und Blattwindungen athrnet, die
in ihnen ohne etwa träumerisch zu verklingen eine feste, geregelte,
gegliederte Gestalt gewonnen hat.
Schrödter ist bisher in solcher tWeise, wie meisterhaft immerhin, doch
nur beiläufig als Ornainentist aufgetreten. Mit seinen obengenannten
"Mustern für Sehnur-Stickerei" tritt er in die Reihe der selbständigen,
praktischen, für bcsondrc Lebenszweckethätigen Ornamentmeister. Schnur-
Stickerei ist schon ein Lebenszweck, wenn auch gerade nicht anzunehmen
ist, dass sie zur Ausfüllung eines ganzen Lebens werde angewandt wer-
den; sie ist ein treffliches Mitte], unsern Kleidungsstücken, deren wir
doch einmal zum Leben nicht entbehren können, eine kräftig wirksame
künstlerische Ausstattung zu geben, und verlohnt sich drum schon der
Mühe der Erfindung von Seiten des Meisters und" der Nachbildung von
Seiten der stinkenden Hand. Schrödter ist mit seinem ganzen Ernste und
mit seinem ganzen Humor an die Sache gegangen: mit Ernst, indem 61'
jeden Einzclzweck, mochte es einem Schuh oder einer 'l'asehe oder einer
Manschette oder einem Besatze gelten, scharf und streng in seinen Erfor-
dernissen beobachtete; mit Humor. indem er die Linien der Schnüre spie-
len und tanzen liess, wie es ihm die gute Stunde eingab; und abermals
mit Ernst, indem er diese Linien, wie bunt ihr Spiel auch werden mochte.
doch stets im klarsten, gehaltensten. künstlerischen Rhythmus zu binden
wusste. So bewegen sich diese Schnüre, dunkle auf hellem und helle
auf dunklem Grunde in den mannigfaltigsten Formen und Verschlingun-
gen, hier in strenger", feierlich gemessener Bewegung, dort im bunt flackern-
den Sprunge, der aber, stets zum Ganzen zurückkehrend, in diesem Gan-
zen stets seine künstlerische Beruhigung findet. Am interessantesten sind
die mehrfarbigen Muster, wo Schnüre von schwarzer, rother und weisser
Farbe, auch von Gold, auf verschieden getönten lichtgrauen Gründen,
oder Roth und Gold, auch scharfes Blau, auf schwarzem Grunde erschei-
nen. Sehr sinnreich sind hiebei die mächtigsten ltarben, Schwarz oder
Gold, zu den gehaltensten Grundformen des Ornamentes genommen, wäh-
rend die übrigen, je nach ihrem Charakter, bunter um sie umherspielen.
Es ist etwas Musikalisches in dieser Wirkung; sie gemahnt an die
kunstreiche Verschlingung der 'l7öne in wohlgearbeiteten Trio's oder
Quartettcn.
Das Heft hat sechs Blätter, denen sich die ebenso wohlausgestattetc
Vorderseite des Umschlages als siebentes anreiht. Sie sind in lithogra-
phischem Farbendruck vortreillich ausgeführt. Ein gütiges Geschick wolle
sie. unsern Augen zum Heil, möglichst vielen Stickcrinnen in die Ilänrlc
führen und dem Meister, dem es nichts verschlagen dürfte, wenn er sol-
cher Arbeit ab und zu noch eine Mussestuxide widmet, die Lust dazu rege
erhalten!
lch muss hiebei noch jener Stickmuster gedenken, die vor etwa
zwanzig Jahren ein andrer Meister der Kunst, C. Bötticher, der Archi-
tekt, (der Verfasser der Tektonik der Hellenen) gefertigt hat und die in
der damaligen Stickwaarenhandlung von Nicolai und Gillet zu Berlin,
meist unter dcm T1191 des "arabischen Styles" (treil sie das dabei erfor-
derliche Mosaikprineip beobachteten) erschienen sind. Im allgemeinen
künstlerischen Interesse wie in dem der Kunst-Tctrhnik ist auf das Leb-