Berliner Briefe.
689
Blumen und Früchten. Innerhalb des Kranzes ein geflügelter Genius,
sitzend, ein nach oben gerichtetes Fernrohr, um welches ein nach unten
hinab fallendes Senkblei gewickelt ist, in der Linken, während er mit der
Rechten eine ephesische Diana entschleiert; zwischen der Diana und dem
Genius sitzt eine Sphinx, die zu ihm emporschaut. Die Gruppe sitzt über
einem Abschnitt, der durch Wellenverzierung und Delphine als das Meer
bezeichnet wird und in den jenes Senkhlei hineiureicht. Ueber dem Ge-
nius steht mit griechischen Buchstaben der Titel von Humboldüs berühm-
tern neustem Werke: Kosmos. Dass die Rückseite keinen plastischen Ein-
druck macht, ist allerdings nicht Schuld des Medaillenrs; im Gegentheil
hat er im Einzelnen das Mögliche gethztn und namentlich die Gestalt des
Genius anmuthig durchgebildet. Durch seine Mühe war aber überhaupt
einer Composition, die in eine solche Masse von zerstreuenden Einzel-
heiten und Einzelgedankeu zerfällt, nicht aufzuhelfen, weder um für die
Form, noch um für den Gedanken irgend eine Art der Antike verwandter
Simplicität zu erreichen
Ich habe sehliesslich noch über die architektonischen Entwürfe zu
berichten, welche die Ausstellung, 0h auch in sehr beschränkter Zahl,
enthält. Zumeist haben mir unter diesen die von F. l-litzig zugesagt. Sie
haben durch das klar abgewogene Maass der Verhältnisse, durch eine
künstlerische Ausgestaltung des Einzelnen, welche sich uugesucht aus der
Gesammtanlage ergiebt, und durch den geschmackvoll reinen Styl, der
auf der Grundlage der Schinkehschen Schule beruht, etwas sehr Anspre-
chendes. Mehrere dieser Entwürfe enthalten die Zeichnungen hier ausge-
führter Gebäude; ich habe mich gefreut, aus ihnen den Baumeister eines
Theiles der vorzüglichst geschmackvollen Privatwohnungen, die sich west-
wärts vor unsern Thoren befinden, kennen zu lernen. Ein Paar andre
Entwllrfe 81m1: nach Angabe des Katalogs, ausserhalb ausgeführt worden.
Der eine enthalt die Darstellung einer Begräbnisskapelle in ruhig ernsten
rundboglgßll Fßfmen, Ohne die Sonderbarlaeiten, zu denen die Verehrer
des romanischen oder byzantinischen Styles sich so oft veranlasst sehen;
der andre ein zierliehes Schweizerhäuschen, bei dessen Dekorationen das
Ein Freund stellt mir nachträglich noch eine gedruckte Erklärung der
Medaille zu. Hieraus ergiebt sich, dass die fünfzehn Pflanzen des Kranzes (de-
ren botanische Namen genau angegeben sind] sämmtlich auf Hnmboldtls Reisen
Bezug haben und dass die Fische im Abschnitt unter der Gruppe zugleich auf
die Erforschung der elektrischen Erscheinungen in der Thierwelt hindeuten sol-
len. Es ist gut, dass wir dies gedruckt haben, sonst möchten wir aus näher
liegenden Gründen noch Andres aus den Fischen heranszudeuten geneigt sein.
Sie könnten z. B., wie schon Peter Vischer einen Fisch als Künstlerzeichen
führte, den Namen des Medailleurs vertreten; oder sie könnten auch, da der
Fisch bekanntlich eins der wichtigsten altchristlichen Symbole ist, dazu dienen,
das Geheimniss des Christenthums als den Mittelpunkt der Dinge der Welt zu
bezeichnen. Ich muss dabei doch noch einer andern grossen Medaille der
Ausstellung gedenken. Diese ist auf den Geh. Rath Beuth geprägt und von
Lorenz gearbeitet. Hier sieht man auf der Rückseite eine Anzahl Maschinen
dargestellt und davor einen gressen Victerienartigen Genius, der beschäftigt ist,
Würfel auszusäen. Eine Erläuterung dieser eigenthiimlichen Vorstellung wird
uns nicht gegeben, und auch ich habe meinen Scharfsinn, der sich bei den
Fischen der Kosmos-Medaille doch einigermaassen zu bewähren vermochte, zur
Lösung des Räthgels vergebens angestrengt.
Kugler, Kleine Schriften. lll.