Berlin
"r Briefe.
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sehen Natur zum Motiv der Darstellung genommen, die dann ebenso von
selbst zu dem Vorherrschen der Stimmung führen, wie die Formen der
südlichen Natur zur classischen Behandlungwcise. Dahin gehören Schul-
ten, Portmann, Fr. und W. Hülser, de Lcuw u. A. m., während
bei Heunert sich gleichzeitig ein etwas abweichendes, fein conventionel-
les Element in der Behandlun eltend macht. Schcuren sein schönes
Talent etwas manieristische Väege gehen lässt, ähnlich auch Scheins.
und Hengsbach sich schon den grossartigeren Formen der Alpennatur
zuwendet. Adloff, Mevius, Pulian haben I-Iafensprospekte und
andre Architekturansichten, ebenfalls wiederum in schlichter nordischer
Vortragsweise, geliefert.
Die Düsseldorfer Landschaftsmalerei steht in alledem der alten hol-
ländischen Landschaftsschule parallel. Und wie die letztere ihre merk-
würdige, zu sehr eigenthümlichen Resultaten führende Abzweigung zu
den Formen der norwegischen Natur hat, so ist es, wenigstens für dies-
mal, auch bei jener der Fall. So hat uns zunächst A. Leu eine interes-
sante norwegische Landschaft geliefert, den Einblick in irgend einen der
Fiords, der von mächtigen Felshöhen umkränzt wird. Es ist ein kaltes
Wetter, noch vor der Mitte des Jahres, Sommer und Winter liegen noch
im Streit, unten ist es grün, aber die Berge sind, ziemlich tief hinab,
noch mit frischgefallenem Schnee bedeckt. Das Bild zeigt eine sehr feine
Plastik in der Durchbildung des gebirgigen Tcrrains, kühlglänzende Far-
ben an Höhen und Lüften und in dem umschlossenen Wasser, überhaupt
eine feine Berechnung in der Farhenwvirkung, die allerdings wohl (wie
bei jenem Bilde von Behrendsen) um einen Schritt zu weit geht, die aber
gewiss auch hier viel weniger auffällig sein würde, brächte nicht der
Goldrahmen wieder die störendste Disharmonie hinein. Es ist natürlich
ein Bild. das wesentlich der classischcn Richtung zugezählt werden muss.
- Dieselbe landschaftliche Ansicht, wie es scheint, enthält ein Bild von
G, Saal, lll dem_wir aber den entgegengesetzten Farbeneilfekt, eine Be-
lellChtüllg dllfßh (116 untergehende Gluthsonue, die die Felsen und Berge
[Qih färbt, finden. Das Bild hat nicht die feineren Vorzüge des von Leu,
ist aber doch nicht ohne cigenthümliches Interesse. Weniger bedeutend
in künstlerisßhßr Beziehung ist ein Schnee- und Eisbild, eine Ansicht des
Snehättans, des höchsten Berges in Norwegen. Bei weitem aber das
gediegenste Bild dieser Art, wiederum eine der Zierden der Ausstellung,
ist ein Gemälde von H. Gude, einem gebornen Norweger, der in Düssel-
dorf lebt. Es ist ein norwegisches Hochgebirge; eine öde Klippe in der
Mitte, in deren Mitte sich ein kleiner See gebildet hat, links jäh.ab-
schiessentl, rechts in Felsblöeken, gegen die sich braune Haide hinzieht,
fortgesetzt. Ein Rudel von Rennthieren erscheint am Rande der Klippe.
In der Ferne lagert eine lange Kette von Schneebergen. Gegen die helle
durchsichtige Luft ziehen von der rechten Seite Regenwolken heran, zwi-
schen denen die Strahlen der Sonne verbrechen. Es ist ein Bild der
hohen Einsamkeit der Natur, die auf den Klippenhöhen der Berge wie
am Strande der See zu uns spricht; aber es ist kühl unddhell und frisch
dort oben und wie wir das Bild länger betrachten, wir auch uns weit
und kühn, zu Muthe. Es ist eine meistcrliehä Kraftlder Darstellung in
dem Bilde eine feste bcsonnene Harmonie in lesen "önen; es steht; uns
als ein schlichtes, anspruchloscs Werk gegenüber, und wenn wir uns ein-
mal seiner Stimme hingegeben haben, zieht es uns an sich, wie der Hauch