Bericl
Kritiken,
Erörterungen
die etwas disharmonische Wirkung auch durch einen äusserlichen Umstand
verstärkt worden Sein, nemlich. durch den glänzenden Goldrahmen, der
nicht dazu dient, den Farbenglanz des Bildes abzuschliessen und dadurch
zu sänftigen. Ich finde, dass überhaupt heutiges Tages mit Goldrahmen
viel überflüssiger Gebrauch, auch viel Missbrauch getrieben wird._ Möch-
ten es doch endlich die Künstler einsehen, dass nur gewisse Farben-
stimmungen durch diese Goldumfassung wesentlich gehoben werden, dass
andre sich dagegen völlig neutral verhalten, wieder andre aber dadurch,
wie durch irgend eine giftige Säure, geradchin zersetzt werden! Ein
schwärzlich-brauner, angemessen gebildeter Rahmen würde das Bild von
Behrendsen unendlich heben.
Bei Biermann hat die classische Richtung insgemein ein mehr de-
korationsmässiges Gepräge. Eine winterliche Ansicht der Maximuskapelle
in Salzburg, die er uns diesmal vorgeführt, will nicht sonderlich befrie-
digen; das Bild hat fast den Anschein eines nur angetuschten Kartons.
Graeb weiss das Element der Dekoration zur glänzenden dioramenartigen
Pracht zu steigern. Eine grosse Ansicht von Palermo, die er ausgestellt,
giebt einen Ueberbliclr über die Stadt, die zur Hälfte in glühender Abend-
sonne liegt, während die vordere Hälfte schon mit nächtlichem Schatten
bedeckt ist. Die Sehattenlinie geht horizontal durch das Bild; wir mei-
nen, wenn wir länger darauf hinblicken, sie sich leise mehr und mehr
erheben zu sehen. Vielleicht lag ein solcher Effekt, den die wirklichen
Dioramen freilich wohlfeiler und schlagcndcr zu erreichen wissen, in der
Absicht des Künstlers. Trotzdem aber ist das Bild mit Meisterschaft und
besonders in den Fernen mit feinem Gefühl gemalt. Andre versuchen
Aehnliches, aber mit schwächeren Kräften.
Eichhorn malt in der Regel griechische Gegenden und hat uns deren
auch diesmal vorgeführt. Er liebt kühle, um nicht zu sagen: kalte Töne,
hat aber Sinn für das plastische Gefüge einer grossartigen Terrainbildung
und weiss uns die mächtigen Formen der griechischen Natur gelegentlich
in ansprechenden, ernst gehaltenen Bildern vorzuführen. Ausser den Ge-
inälden solcher Art hat er auch ein Paar römische Stadtprospekte, An-
sichten von S. Maria maggiore und des Pantheons, ausgestellt, die in dem
fast strengen Ernste des Vortrages ebenfalls nicht ohne Wirkung sind. _
Gurlitt (den wir seit einiger Zeit den Unsern zuzählen) hat diesmal ein
landschaftliches Bild von bedeutender Dimension gebracht, eine Ansicht
des Comersees, bei Fiume-di-late. Man blickt von einem dunkeln, fel-
sigen Vorgrunde, und zur Seite einer Eichenwaldung hin, auf den See
hinab, der, sowie die ihn umgebenden Gebirgszüge, in heller Sonnenbe-
leuchtung daliegt. Gurlitfs plastisch-landschaftlichcs Talent bewährt sich
auch hier in seiner Meisterschaft, zugleich ist die Lichtwirkung mit grosser
Schönheit und ltlnergie durchgeführt. Ueberhaupt müssen wir das Ganze
als eine grossartig bedeutende Conception anerkennen. Der Vorgrnnd
aber hat, solcher Wirkung gegenüber, nicht Interesse genug (ich meine in
der Art und Weise der Behandlung), auch dünkt mich hier die Perspek-
tive, das Hineinrücken der Felspartieen in das Bild, nicht hinlänglich klar,
4 Max Schmidt hat eine Reihe theils italienischer, theils kleinasiati-
scher Landschaften ausgestellt. Dies ist ein heiteres, glückliches Talent.
Ohne im Allgemeinen auf bedeutende Compositionen auszugehen, sich
vielmehr oft mit sehr bescheidenen Motiven begnügend, wciss er ihnen
doch dasjenige Behagcn aufzudrücken, welches wir an diesem oder jenem